Ein Dialogangebot, doch zunächst...

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 16. Januar 2015 um 12 Uhr 46 Minuten

 

... ein(en) Dank

an Sie, liebe Frau Dr. Angela Merkel.

Sie haben sich sowohl per Zeitungsanzeige als auch im Internet in einem offenen Brief an mich gewandt, als einen der Millionen „Mitbürgerinnen und Mitbürger“.

Ich habe mich entschlossen, Ihnen auf dem gleichen Wege zu antworten, in meiner ISSN zertifizierten, werbefreien und netzneutralen Onlinepublikation „DaybyDay“. [1]

Diese Entscheidung wurde so getroffen, da Ihrem Text zu entnehmen ist, dass er – bei aller medialen Inszenierung als Anzeige und damit als Werbung – eine politische und vielleicht auch eine persönliche Nachricht enthält, die mehr erreichen will, als für eine erfolgreiche Wiederwahl ein weiteres wortgewaltiges Steinchen ins Brett der tagespolitischen Spielchen zu legen.

Sie sprechen von Gemeinsinn und Leistungen, die wir Bürger aufgebracht haben, um der Krise der letzten Jahre zu trotzen und loben die Ideen, Vernunft und das Engagement, die mehr bewirkt hätten als ein sogenanntes „Wunder“.

Sie sprechen von „Ihren Ideen“ – aber meinen Sie damit wirklich meine? Wenn Sie wie ich als Selbständiger gute Ideen haben, brauchen Sie dafür auch gute Finanzpartner, die sich mit Ihnen für deren Umsetzung engagieren. Anstatt eigener Gegenbeispiele eines aus jener Sonntagszeitung, in der auch Ihr Brief abgedruckt worden war. Auf der Seite 81 ist von dem tief enttäuschten Golf-Profi Bernhard Langer die Rede, der die gescheiterte Beteiligung des Bundes und des Landes Bayern an der deutschen Bewerbung für den Rayder Cup 2018 mit hoher emotionaler Geste an den Pranger stellt.

Sie sprechen von „Ihrer Vernunft“ – aber was meinen Sie wirklich damit: Dass Zukunftsinvestitionen nichts mit Golfspielen zu tun habe? Ich bin in den letzten Jahren mehrfach von Ministerien und Forschungseinrichtungen Ihrer Regierung engagiert worden, um mit Expertise und Vernunft neue Projekte und deren Perspektiven zu bewerten. Und erfahre dabei auf meinen Reisen in die USA, vor allem aber nach Asien, dass die Vernunft Argumente gebiert und notwendige Folgen auf den Plan ruft, deren erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung hierzulande von einer Radikalität sein müssten, wie sie für die konkret betroffenen Personen als auch Institutionen als unmöglich umsetzbar abgelehnt werden würden.

Und Sie sprechen von „Ihrem Engagement“ – aber was meinen Sie damit wirklich – und wen? Der Versuch, Ihnen auf Ihr Schreiben in einer ebenso offenen Form zu antworten, ist bereits Ausdruck dieses Engagements. Und wird vielleicht mit einigen meiner LeserInnen und Lesern einen weitergehenden Dialog auslösen – aber wird er Sie erreichen, oder gar „etwas“ erreichen? Mag sein, dass die lange dominierende Praxis des „Beamten-Mikado“ – wer sich als erster rührt hat verloren – heute durch die „Tripple-L-Methode - Lesen Lachen Lochen“ – abgelöst wurde. Auf jeden Fall ist es weder Ihnen noch mir gelungen, gerade die guten engagierten Kräfte aus den beiden Teilen Deutschlands so zu ermutigen, dass ihr Engagement zum Fortschritt dieses unseres Landes hätte beitragen können. Viel zu viele von ihnen haben sich verabschiedet: in die innere Emigration, aus Deutschland, aus dem Leben selbst.

Zuletzt war es die Aufarbeitung der Geschichte und inneren Gesetzmäßigkeiten der Arbeit des Auswärtigen Amtes, die uns erneut gelehrt hat: Versuche, in die eigenen Arbeit Ideenreichtum, Vernunft und Engagement einzubringen, konnten am besten dort kontraproduktive Aus-Wirkungen mit sich bringen, wo diese Tugenden zum Wohl der Mitläufer und Ja-Sager als Wirkkräfte für eine ganz besondere Art des Volkswohls zum Einsatz gebracht wurden.

Wohlwissend, dass ein Text kurz sein muss, wenn er überhaupt von Ihnen und Ihresgleichen gelesen werden sollte, sollen an dieser Stelle alle weiteren Exkurse und Ableitungen ausgespart bleiben und vielmehr das daraus Folgende auf den Punkt formuliert werden.

Ideenreichtum, Verantwortungsbewusstsein und Engagement allein sind nicht die Garaten des Wachstums. Und das an den positiven Wirtschaftsdaten gemessene Wachstum allein ist nicht der Garant des Wohls dieser Republik.
— Seit ihrer Gründung leben wir hier im Frieden – doch unsere Soldaten sind jenseits der hiesigen Grenzen heute schon wieder im Krieg.
— Seit 1949 Bürger dieser Republik, wird mir für die Zeit ab 2015 eine Rente angekündigt wird, die nicht die Höhe eines vierstelligen Betrages erreicht - systemrelevant sind nicht wir Bürger, sondern sind die Banken, die jetzt mit unserem Geld wieder eine Zukunft haben.
— Seit meinem mit Robert Jungk entwickelten Engagement für die Zukunft dieser Welt ist klar, dass wir immer noch nicht erwachsen geworden sind – dass unsere Hoffnungen in die Politik von ihr immer noch mit ihrem Streben nach Wachstum beantwortet werden, wohlwissend, dass wir die Grenzen des Wachstums längst überschritten haben.

„Wir sparen an vielen Stellen, aber nicht an der Zukunft“ haben Sie geschrieben, oder schreiben lassen.

Und ich schreibe Ihnen zurück und sage: Wenn wir so weitermachen, wird unseren Kindern die Zukunft nicht ersparen zu lernen, was wir falsch gemacht haben – und warum.

Es ist daher müßig darüber zu streiten, ob das Geld – unser aller Geld – für eine solche Anzeige gerechtfertigt sei oder nicht, sondern ich will mich auf das beziehen, was Sie in diesem Text anbieten: die Bereitschaft zu einem kritischen persönlichen Dialog – jenseits der Promotion des politisch Machbaren.

Mir herzlichen Grüssen

Ihr

[gez.] Wolf.Siegert

Anmerkungen

[1PS. „DaybyDay“ erscheint all-täglich seit Beginn des Jahres 2004. Es ist der inzwischen wohl gelungene und erfolgreiche Versuch, eine Art „Blog 2.0“ zu konzipieren und kompetent umzusetzen. „DaybyDay“ nimmt immer wieder zu Fragen und Ansichten im Zusammenhang mit dem Erscheinen sowohl von „alten“ als auch von „neuen“ Medien Stellung. Und ist mit dem heutigen Beitrag etwas, wofür er sonst kaum bekannt ist: explizit politisch und persönlich.


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