re:publica #15 ".txt"

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 17. Juni 2022 um 22 Uhr 59 Minutenzum Post-Scriptum

 

Wer den letzten Abschnitt aus dem Beitrag vom Mittwoch re:publica #15 2022 gelesen hat, weiss, warum gerade dieser vierte Tag dieser Riesenveranstaltung dann doch nochmals zur Berichterstattung als Priorität ausgesucht wurde.

Es geht um .txt – Es lebe das Wort!

Reden ist Silber.
Schreiben ist Gold.

Was passiert, wenn ein Netzwerktreffen rund um das geschriebene Wort mit re:publica-Spirit stattfindet? Wenn es nicht nur um "Hochliteratur" geht, sondern auch um Drehbücher, Songtexte, Graphic Novels, Tweets, Podcast-Skripte, Essays und Memes? Wenn Profis auf Autodidakt*innen treffen und Raum für Autor*innen, Künstler*innen, Konzepter*innen, Produzent*innen, Verleger*innen und Forscher*innen aus dem Literaturbetrieb, der Filmbranche, der Gameskultur, Musik, Podcasting, der digitalen Forschung und der Technologieentwicklung geschaffen wird?

.txt – wir sprechen es einfach "Text" aus – will diese Fragen beantworten. Das neue Format versteht sich als Netzwerk-Event, bei dem das lebendige Wort gefeiert und diskutiert wird – mit einem Mix aus Bühnenprogramm mit Talk- und Unterhaltungsformaten, Workshops, einem Marktplatz und Rahmenprogramm.

Am 11. Juni 2022, also am vierten Tag der re:publica, wollen wir uns im Glashaus und am Badeschiff auf dem Arena-Gelände ausschließlich dem geschriebenen Wort widmen und damit ein wenig zurück zu den Ursprüngen der einstigen Blogger*innen-Konferenz gehen, aber im Hier und Jetzt und Morgen agieren.

Soweit die Ansage. Und aus der geht schon hervor, warum diese Veranstaltung voraussichtlich die kleinste, aber dennoch vielleicht eine der Wichtigsten werden könnte. Denn sie erklärt ihr back-to-the-roots-Denken nicht aus einer Motivation der Nostalgie heraus, sondern aus der Neugier, zu erfahren, wie es heute und in Zukunft um die Textproduktion bestellt ist, bzw. bestellt sein wird.

Als diese ersten Zeilen aufgeschrieben werden, ist es 10:40 Uhr. Und schon zu diesem Zeitpunkt ist klar, dass dieser Tag anders verlaufen könnte, wie ursprünglich geplant. Denn das Einzige, was bis dahin geklappt hatte, war das rechtzeitige Aufstehen.
Aber schon beim Rasieren kommt die Frage auf, ob selbst das eigentlich noch angesagt sei, wenn selbst schon solche Leute wie Lindner oder Habeck mit einem Dreitagebart vor die Kameras treten. Diese Frage drängt sich auch dann auf, wenn heute das eigene vor die Kamera treten" nicht angesagt ist. Zumal es andere Menschen gibt, die genau das sagen, was auch das eigene Thema gewesen wäre. Dazu dieses Zitat als pars pro toto: "Ich bin Germanist(in) von Herzen, aber genauso in der digitalen Welt verwurzelt."

Ob und wo man das Ganze wird nachhören können, so wie die Tage zuvor die Beiträge von der stage 1? Erst vor Ort stellt sich heraus, dass dieser Tag nicht wie die vorangegangenen gestreamt wird.
Was also tun, wäre es eine Alternative, sich an die Splitbox zu hängen? Für die Eröffnung ist es zu spät.
Dafür, wie oben schon angedeutet, war der Weg bis zum Ort der Veranstaltung mit zu vielen Hürden verstellt. Hürden persönlicher Art: Falsche Klamotten, falsche Schuhe, falsche Schlüssel... was dazu führte, dass zum Zeitpunkt der verspäteten Abreise zwar der Laptop und das Aufnahmegerät, aber weder eine Uhr, noch das Smartphone mit im Gepäck waren.
Bemerkt wurde dies alles erst vor Ort. Und sogleich stellt sich die Frage, Wie, bitte, soll man denn ohne diese Dinge vor Ort überhaupt arbeiten, sich dort orientieren können?
Total verwirrt, ohne Orientierung, führt dann der Weg durch das Gelände und an die verschiedenen Veranstaltungsorte bis hin zu einer kleinen Empore, die mit im Kreis ausgestellten Stühlen und einigen gepolsterten Sitzgelegenheiten am Rande ausgestattet war.
Nichtwissen, wo angekommen, wird diese Sitzmöglichkeit angenommen und der Rechner hochgefahren., diese Seite aufgeklappt und dort nachgelesen, dass genau an diesem Ort die zuvor ausgewählte Veranstaltung um 11 Uhr beginnen wird. Zufall, Vorhersehung, Serendipity?
Hier kann man sich noch rechtzeitig an die Splitbox anhingen, mit dem Referenten vorab sprechen und sich all das am Kopf fixieren, was dort angebracht werden muss: die Bfille, die Maske, die Kopfhörer.

Wir werden also in den nächsten Tage ausführlicher über drei der nachfolgend genannten Themen berichten, stellen aber zuvor nochmals erstaunt fest, wie aus dieser scheinbaren Orientierungslosigkeit eine Hinführung an den richtigen Ort zur rechten Zeit.

10:00 - 10:15

Willkommen zur .txt!
Jonas Ibel, Johnny Haeusler, Alexandra Wolf

10:15 – 10:55

Poesie, Politik und Identität - Hadija Haruna-Oelker im Gespräch mit Dmitrij Kapitelman

11:00 – 11:45

Norbert Lang; Erzählen mit Datenklängen

Norbert stellt sich vor. Mit seinen 38 Lebensjahren und seiner Lebenserwartung von 75 Jahren. Und setzt das Ganze als Rhythmus, und dann in Töne um. Und fragt: "welcher Sound passt zu mir?"

Dem gegenüber stellt er eine Summe von Dateninformationen. Und die aus der Lektüre der Zeitschrift "Katapult". Es geht um "data-driven-journalism".

Frage, was sind "Sonifikationen"? Sie sind ein Bild für eine neue Fragestellung, mit der neue, abstrakte Wissensdinge transportiert werden können. Frage, wie können Sie zu einer Ästhetik des Stückes gemacht werden?

Als Beispiele werden vorgeführt: Börsenkurse, die Bauzeit der Tesla Giga-Factory in Grünheide, der veränderte Gesundheitszustand einer Person, das Einkommen im Verlauf des Lebens, Archivaufnahmen von André Müller in denen die Antworten in Sonifikationen übersetzt werden. "Das schafft dramaturgische Freiheiten", so der Referent. Sein Ziel, in wenigen Tönen ein ganzes Leben erzählen.

Das Interview mit Norbert Lang:

12:05 – 12:35

Mika Johnson: Adapting literature into VR and multimedia art

Die "Republic of Dreams" ist eine Herausforderung, geboren aus der Covid-19-Falle. Hier geht es um das Buch-Hören anstatt dem Buch-Lesen. Und als Erweiterung davon wird das Ganze weiter verfolgt. Mit einem Ritual für Bruno Schulz. Und mit der Möglichkeit, während des Zuhörens auch einschlafen zu können.

Das Thema ist eine Existenz zwischen Realität und Fantasie [1].

Es geht wieder und immer wieder darum, "how to adapt literature". [2]. Wie kann man eine Bibliothek aus dem Stadium eines Museums zurückführen in einen neuen Zustand in einer neuen Welt. Wie kann man in einer Bibliothek verloren gehen, um etwas "Neues" zu finden? All das geht in der "infinte library". These: "time does not exist here".

Das interview mit Mika Johnson:

13:30 – 14:30

Sandra Becker, Iva Berlin [3]
Wie gelingt die Partizipation aller beim kollaborativen Schreiben bei Wikipedia?->https://re-publica.com/de/session/wie-gelingt-die-partizipation-aller-beim-kollaborativen-schreiben-bei-wikipedia]

Auch hier nur wenige ad hoc aufgezeichnete Stichworte:
In der Wikipedia sind nur 15% der Biografien von Frauen. Was hilft, sind
 Femnetz
 WomenEdiit (in Berlin, Fürth und Erlangen)
 WP-Frauen
Dennoch, der (mittel)alte, weisse, ’reiche’ Mann dominiert immer noch das Geschehen und die Inhalte in der Wikipedia. Das betrifft auch die Verlinkungen, die sich fast immer nur auf Männer beziehen. Frauen sind immer noch diejenigen, die die Care-Arbeit machen und die Angst haben, etwas im Internet kaputtzumachen, oder dass sie von anderen zurückgesetzt werden.

Das Interview mit Sandra Becker und Iva Berlin:

Alle weiteren Programmpunkt werden hier nicht mehr zur Sprache gebracht, da für den Abend ein weiterer Veranstaltungstermin zum Ende dieser Konferenz ansteht:

Vielfalt. Vereint. Medienfrauen. Solidarität statt Konkurrenz

19.00 – 23.00

Verleihung der jb-Medienpreise über den Dächern von Berlin im Panoramasaal im taz-Neubau: Verleihung der Hedwig-Dohm-Urkunde, des Marlies-Hesse-Nachwuchspreises und des Courage-Preises für aktuelle Berichterstattung an diese drei Preisträgerinnen

P.S.

Das Interview mit Mika Johnson ist inzwischen auch zu hören
auf dieser Vimeo-Seite

Da, wie berichtet, keine Kamera zur Hand war, sei hier dieses an diesem Tag entstandene und per Mail zugestellte Foto mit Dank stellvertretend eingestellt:

© BL

Mit Johnny Haeusler wurde ein Gespräch zu einem Zeitpunkt vereinbart, nachdem der Stress all dieser Tag abgeklungen und das Feedback verarbeitet sein wird. Stattdessen hören wir ihn zu Beginn und am Ende der Medienmagazin-Sendung des Bayerischen Rundfunks, die am Sonntag, den 13. Juni 2022, auf B24 ausgestrahlt werden wird, die aber schon jetzt als Podcast zu hören ist:

Anmerkungen

[2Zusammen mit Thomas Meyer vom Goethe Institut.

[3... bittet ausdrücklich darum, dass von ihr kein Foto veröffentlicht wird, hat sich schon 2010 gegen das generische Maskulinum ausgesprochen, das damals noch die Leitidee in der Wikipedia war.


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