Danke für das Verständnis und die Teilnahme! WS.
Stell Dir vor
Stell Dir vor, Du hättest die Chance, Dir selbst einen Plan zu machen für das, was eine IFA in diesem Jahr massgeblich hätte ausmachen können. Wie hätte der ausgesehen?
Diese Frage ist schon nicht einfach zu beantworten - und ungleich schwerer, umzusetzen. Zumal weil für dieses Jahr die IFA komplett abgesagt wurde, offline wie online, als Messe ebenso wie als virtuelle Veranstaltung.
Komplett abgesagt? Ja und Nein: Denn es wurden zuletzt von der Messe Berlin diese drei Veranstaltungen angekündigt und durchgeführt, in denen es um Automobilität, um Frauen und um Fotografie ging, Veranstaltungen, die sich alle auch auf die IFA als Partner bezogen:
A utomobiles: Preview: Shift Mobility 2021
F rauen: Preview: Tech Up For Women-IFA Berlin Conference
F otografie BERLIN PHOTO WEEK
Auf der letzten dieser drei hier genannten Veranstaltungen, die auch als ein echter Ort der Begegnung hat durchgeführt werden können, wurde zu deren Eröffnung im Nachgang zur Pressekonferenz am Freitag, den 27. August 2021, "Mr. IFA", Jens Heithecker von der Messe Berlin, gefragt, ob in diesem Jahr die I F A durch die A F F abgelöst worden sei, die er lachend wie folgt beantwortete:
Während er sich in seiner Antwort letztlich auf die für 2022 wieder offenstehenden Möglichkeiten bezieht, bleibt die Frage, ob die Leerstelle, die sich trotz " A F F" in 2021 aufgetan hat, nicht dennoch eine nicht genutzte Chance in sich verborgen gehalten hätte.
Die Leerstelle als Chance
Wäre es nicht möglich gewesen, die Absage nicht nur mit den hier genannten "A F F "- Veranstaltungen ein Stück weit zu kompensieren, sondern als Chance zu nutzen, um das IFA-Kern-Thema und seine Herausforderungen von aussen neu zu denken, zu definieren und vielleicht schon wie in einem Labor ein Stück weit neu zu gestalten?
Dabei soll hier das verwendete Wort des "von aussen" ganz bewusst zunächst nur in dem Bezugsrahmen von diesen drei anderen Veranstaltungen begrenzt bleiben, als da wären:
- die ANGA mit ihrem Thema: TV-Plattformen - Auf unterschiedlichen Wegen in die Zukunft & Next Level Content: Welche Inhalte funktionieren künftig auch linear?
– die Präsentation des Online Audio Monitors (OAM), ein gemeinsames Projekt der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), der Medienanstalt für Baden-Württemberg (LFK), der Landesanstalt für Medien NRW sowie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), des VAUNET – Verband Privater Medien und der RMS Radio Marketing Service
– die Medientage München in Zusammenarbeit mit der Deutschen TV-Plattform beim Thema CONNECT! THE FUTURE OF TV. ]].
Die Absage als Ansage?
Die Tatsache, dass in diesem Jahr überhaupt keine IFA stattfindet, ist seit dem 19. Mai 2021 offiziell [1] Bis Ende April hatten die potenziellen Aussteller noch die Möglichkeit gehabt, ihre Buchungswünsche free-of-charge zu stornieren. Und von dieser Möglichkeit haben sie auch Gebrauch gemacht.
Aber was bedeutet das wirklich, dass es in diesem Jahr keine IFA gibt? Anstatt hierüber lange zu spekulieren, gleich eine Antwort, die hier zunächst als Hypothese behauptet und dann als Arbeitsthese ausgeführt werden soll:
Die Absage der IFA - für dieses Jahr - hätte die Chance in sich getragen, umso offener darüber nachdenken zu können, welches der nächste grosse Paradigmenwechsel ist, der für die Consumer-Electronics-Branche insgesamt bevorsteht - bzw. schon längst begonnen hat.
Die Absage der IFA hätte die Möglichkeit, die Chance, ja, die Verpflichtung, mit sich bringen können, darüber nachzudenken, welchen Herausforderungen die Branche in Zukunft wird gewachsen sein müssen.
Wir haben uns dieser Herausforderung gestellt. Wir, das ist eine informelle Gruppe von GesprächspartnerInnen, die sich seit der IFA-Abkündigung als BCP, als Bunch of Crasy Professionals zusammen telefoniert und zusammengefunden hat. Wir, das sind Frauen wie Männer, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten allesamt viel zum Erfolg der IFA beigetragen haben - von AFI (= All Freaks Invited) bis zur IFA-Next . Und darüber nachgedacht:
The IFA as the Consumers Soundingboard...
Viele der lobenden IFA-Statements der ausstellenden Hersteller und Dienstleistenden bestanden immer wieder darin, dass sie an den Ständen und auf den Podien Antworten auf aktuelle und zukünftige Anwendungswünsche und -szenarien haben präsentieren, im Gespräch mit ihrer potenziellen Kundschaft vermitteln, aber diese auch immer wieder überprüfen können.
Diese Chance wurde bereits im letzten Jahr 2020 im Rahmen des Hybrid-Konzeptes nicht mehr genutzt und ist nun endgültig vertan. Die Folge: "The IFA as the consumers soundingboard is dead. " Dieser Satz sagt alles.
Mag diese These auch Erschrecken und Schockstarre ausgelöst haben, in dieser Abkündigung aller IFA-Ausstellungen und -Veranstaltungen liegt dennoch auch eine ganz aussergewöhnliche Chance. Und diese Chance lautet: Nicht die Suche nach Antworten, sondern die für die Zukunft wirklich wichtigen Fragen in den Mittelpunkt eines Geschehens zu stellen, das in dem Leerraum dieser Absage neu zu bestimmen sein wird. Einmal mehr auf Englisch formuliert: "The void as THE constructive challenge."
Die Absage als Ansage
Zu behaupten, 2022 dort weitermachen zu können, wo man 2019 aufgehört habe [2], mag als Zielvorgabe des Managements nach wie vor ihre Berechtigung haben. Aber in dem hier über den letzten Monate zusammengekommenen Gesprächskreisen und Einzelinterviews waren ganz andere Ansichten vertreten. Bid hin zu Meinungen wie:Das sei eine Illusion, das sein eine Farce und dergleichen mehr.
In den vielen seit dem 19. Mai 2021 vertraulich geführten Gesprächen wurde alsbald und immer wieder darauf abgehoben, dass mit dem bisherigen sogenannten Rundfunksektors schon jetzt geschehe, was demnächst auch der Autoindustrie noch bevorstünde: Ein Paradigmenwechsel sondergleichen (und dass man dieses Dilemma auch jetzt nicht dadurch werde beheben können, dass man neben der "Weissen Ware" nun auch noch den Auto-Mobil-Sektor als weitere Komponente mit ins - sinkende - Boot holen wollte).
Denn so viel stehe fest: Um die richtigen Fragen richtig stellen zu können, sei es unvermeidlich, zunächst noch einmal in die Vergangenheit zu schauen. Und das nicht nur, um damit zu werfen, sondern um - endlich - daraus lernen zu können.
Die These, die dahintersteht, lautet: Mit zunehmender Digitalisierung und Disruption werde das "Auf Sicht Fahren" - mit Schlagworten wie "Agilität" und "Flexibilität" propagiert - zwar zu einer neuen Art Norm: Aber dabei vergessen, ja missachtet werde, dass auch in Zukunft das Neue aus dem Zerstören des Alten erwachsen - solange denn "das Alte" überhaupt noch als ein Wert erkannt - wird.
Das Alte im Neuen
Ohne von der hier gestellten Aufgabe allzu weit abzuweichen, sei daran erinnert - oder auch nur wieder darauf aufmerksam gemacht - wie sehr wir uns auch heute in der Symbolsprache an Bilder und Töne des Alten anlehnen: Weil wir für die Ausprägungen der entsprechenden Leistungen und Funktionen in der ’neuen Welt’ noch keine Entsprechungen gefunden haben (... und sei es nur das in einer animierten Grafik leise vor sich hin vibrierende Wählscheibentelefon oder das "klick-/clack"-Geräusch eines Kameraverschlusses auf unseren portablen IT-/AV-Geräten).
Es geht aber um noch viel mehr: Gerade in Zeiten eines Paradigmenwechsels wie diesen ist ein back-to-the-roots wichtig - und notwendiger denn je. Und das nicht aus Nostalgie oder weil wir noch keine Symbol- und Formensprache für das "Neue" gefunden haben, sondern weil das Thema der Zukunft, das sich die IFA ja in den letzten Jahren als "Official Partner of: THE FUTURE" auf ihre Marketing-Fahnen und -Banner geschrieben hat, mehr sein sollte, als nur die symbolhafte Anknüpfung an historische Ereignisse der Rundfunk-Geschichte. Um dann für sich den aktualisierten Titel einer "Global Innovations Show" in Anspruch zu nehmen.
Geschichte und Zukunft
Für beides sei hier jeweils nur ein Beispiel als pars pro toto genannt und dabei ganz bewusst auf jenen Ursprung bezogen, der einst die IFA über so viele Jahrzehnte geprägt hat: der Rundfunk.
Ausgerechnet einer der kleinste Sender der ARD-Gruppe, Radio Bremen, berichtet am 3. September 2021 in der "Chronik der ARD" vom 3.9.1951 dem Produktionsstart des "Starenkastens"
Heute vor 70 Jahren begann der niederländische Konzern Philips mit der Produktion des ersten massenmarkttauglichen Schwarzweiß-Fernsehers - dem TD 1410U oder auch "Starenkasten" genannt.
Ursprünglich für diesen in die Zukunft weisenden Tag war dieser Termin geplant, in dem es um die nicht nur veröffentlichte, sondern auch öffentliche Anerkennung von "... außergewöhnliche Ideen von Wissenschaftlerinnen mit Abschlussarbeiten zu medientechnologischen Themen" geht, dem ARD/ZDF Förderpreis FRAUEN + MEDIENTECHNOLOGIE, der in diesem Jahr an Sylvia Rothe, Daniela Rieger und Pelin Dogan Schönberger verliehen wurde [3].
Ein Programm-Entwurf
"Die Frage ist schon nicht gerade einfach zu beantworten und dann doch ungleich schwerer, umzusetzen", so haben wir oben geschrieben. Wenn es also noch vergleichsweise einfach war, eine Antwort zu formulieren und zu behaupten, dass der Ausfall der IFA in diesem Jahr auch die Chance beinhalte, von diesem "Nullpunkt" aus dem nächsten Paradigmenwechsel "ins Auge" zu schauen, so mag es in der Tat noch ungleich schwerer sein, eine Antwort darauf zu finden, wie dieses zu machen sei.
Wir versuchen es an dieser Stelle dennoch und skizzieren diesen Programm-Entwurf für einen solchen Dialog, der auf diesen Säulen aufgebaut sein könnte (für die allesamt auch schon ProtagonistInnen bereitstehen, auch wenn weder sie noch ihre Institutionen an dieser Stelle schon genannt werden):
GESCHICHTE
> Die Rundfunk-Geschichte: Ihr Anfang vor 100 Jahren und ihr Anfang vom Ende heute.
> Der Rundfunk als Massen-Kommunikations-Instrument zur Aufrüstung zu Krieg und der Rundfunk als Demokratisierungs-Instrument der Siegermächte.
> Das Ende des Rundfunks - und der staatlichen Kontroll- und Einflussmöglichkeiten.
RETRO
> Die Wellenreiter begegnen den Internetsurfern.
> Eine Altherrenrunde der Technikdirektoren spricht über die Zukunft.
> So wird das Thema von den Museen und Archiven aufbereitet (und sollte auch aus deren Sicht zur Darstellung kommen).
> Die Generationen X,Y & Z schauen zurück: Warum heisst ein reines Internet-’Fernsehen’ heute wieder: "Funk"?
BROADCAST YOURSELF
> Wie alles anfing: Bürgerfernsehen, Offene Kanäle, Communitiy Media
Neue Technologien als Hoffnungsträger für neue Formen der Öffentlichkeit
> Zeitbasierte und/oder plattformbasierte Medien: nur eine Frage der Technik?
> "Beyond Broadcast" "One-to-Manny" in analogen und digitalen Welten. Beispiele aus Österreich und der Schweiz
ZUKUNFT HEUTE
> Was sagen auch all die Anderen, die ebenfalls auf der IFA nicht dabei sein können, aber gerade zu diesem Thema viel beizutragen hätten. wie die Deutsche TV-Plattform, German Startups,. GfK, IEEE, VAUNET, ZVEI ?
> Wie stellen sich andere (Messe-)Veranstalter die Zukunft vor?
> Was stellen sich die gfu und die Messe Berlin für die Zukunft vor?
> Was bedeutet das eigentlich, wenn die Bild-Zeitung seit Ende Juni 2021 eine Rundfunklizenz erhalten hat [4]?
Vom Nach-Denken zum Probe-Handeln
> Anstatt mit sogenannten Keywords, soll das Thema hier nochmals mit diesen Denk-Sätzen umrissen werden:
> Vom Kräftemessen auf Messen zum Vermessen der Konsum-Potenziale
> Vom Broadcast zum IP-cast [5]
> Was bedeuten Individualisierung, Interaktivität, Interoperabilität konkret?
> Was schon längst ’funk’tioniert... und was nicht mehr funktionieren wird.
> Über technikfeindliche Menschen und menschenfeindliche Technik.
> Was gehört in Zukunft noch (oder wieder) zur "Grundversorgung", in wessen Händen liegt sie und mit welcher Technik wird sie garantiert?