Research Fellows wanted

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 5. April 2018 um 22 Uhr 55 Minuten

 

Berlin als Hub! Dieser schon vor Jahren in einer Studie über die Potentiale der Medien-Standorte in Deutschland geprägte Begriff findet sich jetzt in den einleitenden Ausschreibungsangeboten wieder, die derzeit vom WEIZENBAUM-INSTITUT FÜR DIE VERNETZTE GESELLSCHAFT im Netz angeboten werden:

Dort heisst es gleich zur Einleitung in dem - nachfolgend auch nochmals im PDF-Format vorgestellten - Text:

Visiting fellows will be hosted at the Institute for a period of one to three months. They will have the opportunity to conduct research on-site in Berlin, one of Europe’s most vibrant cities.

Call for Applications

Zum aktuellen Zeitpunkt wird das erste Profil eines solchen Research Fellows angezeigt, von Will Attwood-Charles zum Thema:

 “Working in highly automated digital-hybrid processes

Die weiteren, von den Kooperationspartnern - hier dem WZB - benannten Themen lauten:

  “Democracy and Digitalization
  “Quantification and social regulation

Beim Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme FOKUS sind diese Themen angebunden:

  “Digitalization and Public Safety
  “Digitalization and Science

Alle weiteren hiernach zitierte Themen sind an Hochschulen der Länder Berlin und Brandenburg angebunden:

  “Digital Citizenship
  “News, Campaigns, and the Rationality of Public Discourse

  "Data as a means of payment"
  “Shifts in norm setting
  “Trust in distributed environments

  “Responsibility and the Internet of things
  “Criticality of software-based systems

 “Data-based business model innovation
  “Production possibilities of the maker culture
  “Inequality and digital sovereignty

  “Digital technologies and well-being"
  “Digital integration
  "Education and training in the digital society"

Das Ziel ("Aim") dieser Ausschreibung:

... helping to position it as a leading research institution world-wide. For our visiting scholars.

Die Kriterien für die Auswahl ("Selection criteria"): ein Bezug zu den hier benannten Themenfeldern, die Bereitschaft zur interdisziplinären Arbeit und eine daraus resultierende Veröffentlichung (mehr dazu in dem oben zitierten PDF).

So weit, so gut.

Und doch fällt es nicht leicht, all diese Setzungen nicht in Bezug zu setzen mit den persönlichen Begegnungen mit Joseph Weizenbaum, mit seinen Texten und Vorträgen.

Dazu an dieser Stelle jeweils nur ein Link und ein Zitat auf das, was sich dahinter verbirgt:

 Der letzte Service: zum Tode von Joseph Weizenbaum
Aus einem Text von Detlef Borchers in den Heise-Nachrichten vo 6. März 2008:

"Unser Tod ist der letzte Service, den wir der Welt leisten können: würden wir nicht aus dem Weg gehen, würden die uns folgenden Generationen die menschliche Kultur nicht wieder frisch erstellen müssen. Sie würde starr, unveränderlich werden, also sterben. Und mit dem Tod der Kultur würde alles Menschliche auch untergehen."

 Weizenbaum in Potsdam
Aus einem Eintrag in diesem Blog vom 25. Jänner 2006:

"Da wir sehr viel wissen, was wir nicht sagen können
bedarf es des Künstlers, diese Grenzen zu überwinden
und des Films, um dieses Unsagbare [mit seinen Mitteln] ’sagen’ zu können."

Diese Dimension seines Denkens und seiner Persönlichkeit waren - und sind - es, die die besondere Attraktivität seiner Arbeit und seiner Überzeugungen ausmachen.

Es wäre wunderbar, wenn es gelänge, auf der Basis der gesetzten Themen und über diese hinaus eine Dimension des Denkens (wieder) zu erschliessen, die uns angesichts der Arbeit über - und mit - den digitalen Medien immer mehr verloren zu gehen droht.

Ja, das Ergebnis dieser Arbeit kann und sollte auch mit einer Veröffentlichung dokumentiert werden. Aber diese Arbeit sollte über die Zirkel der Beteiligten hinaus wirken, einen Ein-Blick in unsere Vergangenheit dergestalt gewähren, dass dieser hilft, Erkenntnisse und Leitlinien zur Beschäftigung mit den Zukunftsfragen zu formulieren und zu formatieren.

Das Ziel, eine "leading research institution world-wide" zu werden, knüpft an an die Reputation der Deutschen als ein Volk der "Dichter und Denker". Wem dieses heute schon nicht mehr zeitgemäss erscheint, wird erst recht davor zurückschrecken, dass einst in dem Gedicht über "Deutschlands Beruf" verkündet wurde: »Und es mag am deutschen Wesen/Einmal noch die Welt genesen.«

Auf dem Hintergrund solcher oft unausgesprochenen Hintergründe ist es von umso grösserer Bedeutung, wenn heute "die Welt" dazu eingeladen wird, sich hier in Berlin und in der Tradition eines Joseph Weizenbaums mit jenen Geistern auseinanderzusetzen, die uns - in den unterschiedlichsten Formen und Gestalten - durch die Digitalisierung zugewachsen sind. Oder die es - in statu nascendi - erst noch zu erkennen gilt.

Heute stehen wir damit national in der Tradition der so genannten "Technikfolgen-Abschätzungs-Debatte" und sind jetzt dabei, diese weit über den Horizont des eigenen Landes hinaus zu öffnen.

Und auch das ist gut so.

Wenn wir aber in dieser Reputationskonnotation der "Dichter und Denker" auch in und für die Zukunft punkten woll(t)en, dann wäre es angebracht, über diese Zeit und das damit verbundene Branding hinaus zu denken.

Und: Bei diesem Prozess auch die Kompetenz all jener in Anspruch zu nehmen, die als Dichter (im Wortsinn) und Künstler (im Sinne von Verdichtung "beyond scientific trouth" ) die Frage angehen, welches die nächste grosse Herausforderung n a c h der Digitalisierung sein wird.

Too much? Never mind!
Forget the "German Angst"
and exploit the "Neuland"!

WS.


5750 Zeichen