Berlin -> Münch(en)hausen

VON Dr. Wolf SiegertZUM Dienstag Letzte Bearbeitung: 29. März 2016 um 21 Uhr 35 Minutenzum Post-Scriptum

 

0.

Bei der Wahl des Sujets des jeweiligen tagtäglichen Eintrages gilt für die Entscheidung über den darzustellenden Sachverhalt als Richtschnur immer die Frage, was an diesem Tag das jeweils wichtigste Ereignis im Er-Leben des Autors und Herausgebers dieser Zeilen ist.

Und leider ist es, einmal mehr, ein sich verspätender ICE-Zug, mit dem die Reise von Berlin nach München angetreten wird.

1.

Interessant ist diese Fahrt deshalb, da sie zunächst in dem vorderen begonnen und sodann in dem hinteren Zug fortgesetzt wurde. Denn in Leipzig wurden die beiden Teile auseinander gekoppelt und nur der hintere - am Sackbahnhof in Leipzig dann vordere - Zugteil fuhr über Leipzig hinaus weiter bis München.

2.

Nach dem Einstieg in den zunächst vorderen - also eigentlich den "falschen" - Zugteil wurde den Gästen mitgeteilt, dass die Verspätung auf eine Signalstörung zurückzuführen sei. Und um Geduld gebeten.

Dann aber wurde es noch später mit der Abfahrt aus Berlin, und es kam die Mitteilung, dass dies einem Polizeieinsatz in dem hinteren Zugteil zuzuschreiben sei und man möge sich daher auch noch weiterhin in Geduld üben.

3.

Als der Zug dann mit einer guten halben Stunde Verspätung in Leipzig eintrifft, müssen die Zugteile gewechselt werden. Also einmal aus- und später wieder eingestiegen und statt des Wagens 37 wird nun der Wagen 27 aufgesucht.

Es stellt sich heraus, dass dieser Umstieg kein wirklicher Nachteil war, denn so gab es auf beiden Streckenabschnitten einen Tisch mit jeweils vier freien Plätzen zur freien Nutzung.

4.

Aber jetzt geht es weiter mit den Ansagen: Noch bevor der Zug sich aufmacht, über die neue Ausbaustrecke mit bis zu 230 km/h in Richtung Erfurt zu düsen [1], kommen nacheinander zwei weitere Texte über den Lautsprecher.

Zunächst heisst es, der Zug sei in Hamburg verspätet bereitgestellt worden. Und dann wird erläutert, dass er auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin nicht die vorgesehene Fahrgeschwindigkeit habe erreichen können.

Und, bei der Abfahrt aus Erfurt, gibt es dann noch einen weiteren, den fünften Grund: dieses Mal ist von einer technischen Störung am Zug die Rede, die inzwischen habe behoben werden können.

5.

Was soll’s. Es muss jetzt bis um Zielbahnhog kein Anschlusszug mehr erreicht werden. Der Komfort und die hohe Wahrscheinlichkeit, letztendlich sicher anzukommen, sollten uns gnädig stimmen.

Bei so vielen unterschiedlichen Gründen für die hier erfahrene Verspätung ist es ja schon fast wie bei den Münch(en)hausens: All diese Kurz-Geschichten hatten hohen Unterhaltungswert - und waren ja vielleicht sogar allesamt wahr.

P.S.

Im Gegensatz zur ersten Teilstrecke kann im weiterfahrenden Zug auch das W-LAN im Zug genutzt - und somit dieser Text sogleich online gestellt - werden.

Wer sagt’s denn?!

Anmerkungen

[1Über diese erst zum Fahrplanwechsel 2015/16 in Betrieb genommenen Strecke gibt es einen eigenen Beitrag mit dem Titel: "Das Jahr100-Projekt: in 366 + 365 Tagen".


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