Nein, kein Nachruf.
Aber eine Vorschau in jene Jahrzehnte, in der auch der katholische Glauben nicht mehr das Bindeglied der Mehrheit einer Bevölkerungsgruppe darstellt, die sich im Nachkriegsdeutschland gerade erst als eigene Nation wieder zu entdecken und zu formulieren begonnen hatte.
Am beeindruckensten seine Positionen, von denen er auf die Anderen, auch die Nichtgläubigen, nicht das Opfer sieht, die man auf den "richtigen" Weg zu führen habe, sondern Personen, denen man hilft, indem man ihnen zeigt, wie sie auf den für sie richtigen Weg kommen: zu sich selbst.
Gestorben am 30. März 1984 und vor 100 Jahren geboren, trat Rahner früh und gegen den Willen seiner Eltern in die Welt der Jesuiten, ihrer Schule und Lehre ein. Er wuchs zu einem Wissenden heran, der die Weisheit nie für sich gepachtet wissen wollte und dem es dadurch gelang, den Blick auf die Vergangenheit als einen Glauben an die Zukunft zu definieren. So sehr es ihm gelang, als Wissender die Wissenchaften zu prägen, unterlag er doch immer wieder den Machenschaften der Träger der Macht.
Sein Blick auf die Kirche richtete sich nicht nur nach Rom, sondern noch weit darüber hinaus. "Der Fromme von morgen", so Karl Rahner, "wird ein ‚Mystiker’ sein, einer, der etwas ‚erfahren’ hat, oder er wird nicht mehr sein".