Heute, 9:00 Uhr: Einladung in den dritten Stock des SOHO-HOUSEs in das sogenannte Politbüro [1].
Und das sind einige der Schwerpunkte der für das Pressefrühstück von Deloitte: TMT Predictions 2015 zur Darstellung gebrachten "Trends und Entwicklungen in Technologie, Medien und Telekommunikation" [2] :
• Highspeed Breitband – Die digitale Kluft wird tiefer
• Contactless Payments – Mobiles Bezahlen vor dem Durchbruch
• Internet of Things – Der Mehrwert entscheidet
• Click & Collect – Die Evolution von Online-Shopping
• Die „Re-Enterprization“ von IT – Das Pendel schwingt zurück
• Short-Form Video – Nur die eine Zukunft des Fernsehens
vertreten durch Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter TMT EMEA, Deloitte, Klaus Böhm, Director Media, Deloitte und Ralf Esser.
Die eingeladenen Herren aus der Branche - doch, es waren auch eine jüngere und eine ältere Frau mit dabei - werden sicherlich die Details dieser Ausführungen in ihren jeweiligen Fachblättern zur Darstellung bringen. [3]
Daher an dieser Stelle einige spontan nach dem Ende der Veranstaltung vorgetragene Ansichten und Einsichten, die hiermit zur Diskussion gestellt werden:
1.
Da auf das Frühstück verzichtet wurde und beim Eintreffen die Eröffnung schon im Gange war, ist es müssig darüber zu spekulieren, ob auf dieses Gebäude und zu seiner Geschichte von damals, heute und morgen irgendein Bezug genommen wurde - oder nicht.
Aber es ist und bleibt ein seltsames Gefühl sich an diesem Ort einzufinden, der für die und in der Geschichte der DDR von so hoher Bedeutung war und in dem eine Reihe von wichtigen Entscheidungen geplant und zur Durchführung vorbereitet wurden. [4]
2.
Heute geht es auch um die Perspektiven für Entscheidungen im Technologie-, Medien- und Telekommunikations-Sektor - daher auch die Abkürzung "TMT" - die dieses neue Jahr prägen könn(t)en.
Worum es nicht geht, sind Fragen, warum nach dem Zusammenbruch der DDR "im Osten" viele neue Strassen gebaut worden sind - "diese Infrastrukturentscheidung ist schon von den Römern vor zweitausend Jahren gefällt worden" - aber keine breitbandigen und wirklich zukunftsfähigen Netze (einge)geplant wurden, durch die die Standortnachteile hätte nachhaltig vermindert werden können.
3.
Insgesamt war auffällig, dass sich alle Vortragenden schwer taten über Perspektiven zu reden, die sich jenseits des von ihnen avisierten und thematisierten Themenfeldes befinden.
Da gibt es die These, dass die ungleiche Verteilung von Breitbandkapazität zwischen Stadt und Land in der naheliegenden Zukunft eher noch vergrössern werde. Und die vorgetragenen guten Gründe stellen vieles von dem in Frage, was in den letzten Jahren immer wieder - zuletzt auf dem IT-Gipfel in Hamburg [5] - von der Politik als Auftrag verkündet wurde.
Oder da steht die These, dass nach wie vor die klassischen linearen Medien die Inhaltevermittlung in der nahen Zukunft dominieren werden. Und das diese Dominanz noch länger anhalten wird, wenn sich diese Veranstalter auch mit eigenen Angeboten im Bereich der sogenannten Short-Form-Videos im Markt einbringen würden. Aber auf die Frage, was das jetzt für einen Jugendkanal der Öffentlich-Rechtlichen im Internet bedeuten würde, bleiben alle Perspektiven offen.
4.
Nein, dass man sich mit der prognostizierten Erfolgsgeschichte von Gadgets wie Smart Glasses vergaloppiert hat, wird frei eingestanden. Und auch die jetzt vorgestellten Thesen und Trends sind keine garantierten Empfehlungen für zukünftigen Investments.
Aber jenseits solcher Trial & Error - Toleranzen wird immer wieder im Verlauf der Präsentation betont, wie wichtig es sei, dass sich für die nun angesagten Erfolgsgeschichten, etwa im Bereich des mobilen Bezahlens via NFC, die offenen gegen die proprietären Standards durchsetzen werden (müssen). Und dann wird als grösster Hoffnungsträger für dieses Jahr auf das nun kommende (und ankommende?) Apple Pay - Modell verwiesen, das nun alles andere zur Grundlage hat als einen offenen Standard.
5.
Wie schon oben gesagt, die hier prognostizierten Entwicklungen sind es sicherlich Wert, genauer zur Kenntnis und "wahrgenommen" zu werden. Aber ebenso wichtig wird es sein, zu begreifen, welche Bedeutung diese Aussagen haben und welche Folgen.
Da wird folge-richtig zur Darstellung gebracht, dass in der ersten Nachkriegsphase bis in die achtziger Jahre zunächst die geschäftliche Nutzung die Marktentwicklungen dominierten, und danach eher die Interessen der Endkonsumenten im Vordergrund gestanden hätten. Und das es in Zukunft zu einer Re-Enterprisation of IT kommen werde, dass "sich viele neue[n] Trends wieder zunächst in den Unternehmen" durchsetzen werden.
Aber was, bitte, bedeutet denn das? Heute, wo der globale Wettbewerb die einst grossen deutschen und europäischen Anbieter im IKT-Bereich weitgehend vom Markt gefegt hat? Das bedeutet, dass vielleicht noch heute die Zukunft "Made in Silicon Valley" gemacht wird, dass aber schon jetzt die grossen neuen Player nicht mehr an den Grenzen ihrer innerasiatischen Märkte halt machen. Haben wir immer noch nicht begriffen, was diese Entwicklungen - einst aus Japan und Indien und jetzt - aus Korea und China für "uns" zur Folge haben werden?
Σ
Nicht ohne Grund ist dieser Text mit dem Titel "Prognosen aus dem Politbüro" versehen worden. In dieser heute vorgestellten Präsentation ist vieles Wichtige und Richtige gesagt und qualifiziert begründet worden.
Wer sich aber in einen Entscheidungsprozess für zukünftige Investments begibt, sollte ein Reihe weiterer Parameter heranziehen, von denen hier einige schon angedeutet wurden:
– die Tendenzen in der internationalen Marktentwicklung und -Gestaltung
– die Entscheidungskriterien grosse Investmenttrusts, die ihre Due Diligence-Faktoren immer weniger an der kurzfristigen Profitabilität ausrichten, sondern eher an einer potentiellen Marktmacht
— die Bedeutung und Grenzen einer shareconomy-Bewegung, die für die Einen einen ökonomischen Paradigemenwechsel zum Guten bedeutet, für die Anderen als eine besonders perfide Form des Spätkapitalismus gegeisselt wird. [6]
– die Grenzen und Gefahren einer Gratis-Gesellschaft, in der nicht länger nur mit Geld bezahlt wird, sondern mit der freiwilligen oder auch an- und abgeforderten Bereitstellung von Persönlichkeitsdaten [7]
– die Möglichkeiten und Grenzen von Handlungsvollmachten und Optionen in der nunmehr gesamtdeutschen Politik: Die immer noch davon träumt, die Werte der alten analogen Welt in der digitalen bewahren und verteidigen zu wollen [8] anstatt danach zu fragen, wie in Zukunft mit den klassischen Kriterien der Wertschätzung noch Wertschöpfung betrieben werden kann
– Last but by no means least - diese Entwicklungsschritte und deren Bedeutung werden wieder zunehmen in einem historischen Kontext gesehen und gewichtet werden müssen. Auch wenn das derzeit besonders schwer fallen mag, wo sich kaum noch ein Unternehmen auch nur zu mittelfristigen Prognosen verleiten lassen mag und stattdessen lieber von dem not-wendigen Prozess des disruptive thinking einen positiven Einfluss verspricht.
Mit Blick auf den Folgetag, den 14. Januar 2015, hier der Hinweis auf ein weiteres Forecast für das Jahr 2015, und zwar speziell für den Bereich der wissenschaftlichen Veröffentlichungen: Auf der PUBLISHING TECHNOLOGY - Seite in einem Beitrag von Michael Caims der unter dem Header Content Forward> schreibt über:
"Five Predictions for Academic Publishing in 2015"