Hat ein Gebäude eine Seele?

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 15. Februar 2004 um 22 Uhr 53 Minuten

 

Auch am Sonnabend im Buero. Die Berlinale-Preisverleihung steht vor der Tür. Und der Film, dessen Produktion wir noch vor zwei Tagen in dem Räumen der NEUEN KANT KINOS gefeiert hatten, wird den diesjährigen Goldenen Bären kassieren. "Eigentlich war mein wichtigstes Ziel, auf die Berlinale zu kommen", so Regisseur Fatih Akin, "und jetzt haben sie’s echt gecheckt!".

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Auch mit dem Hereinbrechen des Sonnabend-Abends wird nicht nur bei uns noch gearbeitet, sondern auch am Haus gegenüber. Seit Wochen schon wird dort eingerissen und abgerissen. Stück für Stück wird das ehemalige "Peek & Cloppenburg"-Haus entkernt, werden die Aussenmauern in allen Etagen ausgerissen und schliesslich auch das Firmenschild von der Aussenfassade abgetrennt.

Allein, beim Abschweissen fängt die blau-rote Plastik der Werbefläche mit dem "P & C" im Mittelpunkt Feuer. Erst langsam und dann immer schneller fressen sich die Flammen an dem Kunststoff entlang. Ein Arbeiter im Schwenkkran versucht das Feuer erst mit einem Hammer zu "erschlagen" und dann mit einer Plane zu "ersticken". Aber es ist zu spät. Die Flammen fressen sich weiter und weiter voran und erhellen alsbald die ganze von den Schlaghämmern ausgefressene Aussenwand im flackernden Feuerschein.

Wenige Minuten später: die Feuerwehr kommt. Mit mehreren Wagen. Schläuche werden ausgerollt und der Leiterwagen fährt mit seinem Ausleger an die Brandstelle heran. Inzwischen fallen erste brennende Teile auf den Boden vor dem Haus und setzen dort den umherliegenden Schutt in Brand. Inzwischen haben sich die Männer auch mit ihrem Material über die Etagen bis auf die Höhe der Flammen emporgearbeitet.

Und dann wird unter dem Jubel und Rufen der Besatzung das Wasser in Marsch gesetzt. Die Polizei hat inzwischen den Verkehr gestoppt und abgeleitet, so dass sich die Feuerwehrleute auf der ganzen Stassenseite haben aufbauen können. Mit heftigen Güssen von der Spitze des Leiterwagens und später dann vom obersten Geschoss des Hauses wird das Feuer unter Kontrolle gebracht und schliesslich zum erlöschen. Bis dahin gibt es "anfeuernde" Rufe der Kollegen auf offener Strassen-Szene.

Als alles vorbei ist, bleibt dennoch Zeit für ein längeres Nachsinnen. Am morgen schon beim Betrachten der Arbeiten stand die Frage im Raum, wie es denn sein wird, wenn schliesslich auch das Firmenschild am Hause abgerissen sein wird. Die Vermutung, dass dieses nicht ohne "Gegenwehr" geschehen wird, mag manchem absurd erscheinen - und hat dennoch nach dem Erlebten eine eigentümliche Berechtigung erhalten.

WS.


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