Technik, Technik, Technik: jetzt, nachdem die Filmbilder aus der Rolle gesprungen und in den Breitbandpipelines der Colts & Co quer durch Berlin verschickt worden sind, sind die bekannten Berlinale Partner wie Barco und Dolby dabei sich anzuschicken, auch den Tönen einen echten dreidimensionalen Wirkungsraum einzurichten.
Seite an Seite haben sie sich in den Säälen des Cinestar-Kinos eingerichtet, um ihre neuen Konzepte von ATMOS und AURO dem Fachpublikum zu Gehör zu bringen. Und beide lassen kein Zweifel daran, dass sie damit einen grossen weiteren Schritt nach vorne in Richtung immersives Kino gemacht haben. [1]
Auch jeden Fall zeichnen sich die nächsten Herausforderungen ab, die auch schon in Zeiten der Einführung von 3D-Bildern von grosser Bedeutung waren: nicht um des Effektes, sondern um der Dramaturgie der Geschichte Willen diese neue Technik zum Einsatz zu bringen.
Eines aber kann schon heute mit Sicherheit vorhergesagt werden, diese neue Technik wird vor allem dort auch einen aktive Rolle spielen, wenn es um die Übertragung von Life-Ereignissen in die Kinosääle geht: von Konzerten im "U"- wie im "E"-Bereich, über Opernaufführungen, bis hin zu grossen Show- und Sportevents. [2]
Es stellt sich aber schnell heraus, dass ein guter Film auch dann zu überzeugen vermag, wenn er auf jegliche Elemente der 3D-Darstellung verzichtet. Und dafür hält dieses Festival erneut viele viele Beispiele bereit.
Dennoch werden an dieser Stelle nicht einzelne Filme besonders herausgehoben und/oder der Kritik unterworfen werden. Dazu sind viele Vielseher und zum Schreiben und Senden Berufenere hier vor Ort.
Dem Autor bleibt vorbehalten sich an ein Gespräch mit den neue nach Berlin Berufenen Dieter Kosslick zu erinnern, in der er ihn im Frühling des Jahres 2001 in einem langen auf offener Strasse geführten Gespräch darauf aufmerksam gemacht hat, dass er sich im Verlauf seiner kooperativen Regentschaft auf die Folgen der Digitalisierung des Films - nicht nur der Produktion sondern auch der Distribution - einzustellen habe.
Heute ist dieser Prozess weit fortgeschritten, ja, weitgehend abgeschlossen, malgré lui.
Dabei ist sicherlich das von ihm mit Bangen Vorhergesagte eingetroffen: dass nunmehr "Jeder" (s)einen Film machen könne und dass das zur Folge haben werde, sich dann noch mehr Schrott ansehen zu müssen als schon bisher. Aber auch das Gegenteil ist wahr geworden. Vielen, denen es bislang unmöglich gewesen wäre, sich nun auch mit den Mitteln des Films auszudrücken, haben diese Chance ergriffen - und genutzt.
Das Panorama der neuen Möglichkeiten ist inzwischen weit über dieses Festival aufgespannt worden: vom 99FIRE-FILMS Wettbewerb [3], bis hin zu einem neu gedrehten Beitrag aus der Elfenbeinküste Burn It Up Djassa, der für die Panorama-Reihe ausgewählt wurde.
Der Preis für den besten digital eingesandten Kurz-Kurz-Film liegt bei knapp zehntausend Euro. Für das in HDCAM gedrehte Spielfilmdebüt des 1986 in Abidjan geborenen Souleymane Bamba, alias Lonesome Solo, stand anfangs überhaupt keine Geld und schlussendlich eine Fördersumme von fünfzehntausend Euro zur Verfügung.
Noch ist dieser Film im Ghetto von Wassakara, einem Armenviertel in Abidjan, noch nicht gezeigt worden. Und noch hat sich der Wunsch der meisten Fire-Films-TeilnehmerInnen noch nicht erfüllt, auch auf der Grossen Leinwand wiedergesehen zu werden. Und dennoch: All diese Entwicklungen, die sich erst als Folge der Digitalisierung eingestellt haben - und noch lange nicht ihren Endpunkt erreicht haben - all diese Entwicklungen sind erst durch und in Folge der Digitalisierung möglich geworden.
Was bleibt, sind die Themen und Topoi: Bei aller Zufälligkeit der in diesem Jahr für die Sichtung ausgesuchten Beiträge - sei es aus Argentinien, der Elfenbeinküste, Frankreich, oder den USA - gibt es fast keinen Beitrag, bei dem es nicht um das Sujet von Liebe und Tod ging, in dem keine Waffen ins Bild und/oder zum Einsatz kommen. Und in dem nicht jemand zu laufen begänne: nicht nur, um sich zu beeilen (Deshora), sondern auch, um zu flüchten (Burn It Up), oder um Schutz zu suchen (The Croods).
Banal? Vielleicht. Kommen wir an diesem Topos doch zurück bis auf die Ursprünge des Films, als die Bilder noch das Laufen lernten, oder knüpfen wir an die Filmbilder von Lola rennt bis zum Tatort-Intro.
Der wesentliche Unterschied zur Filmrolle, der sich schon beim Einlegen einer Videokassette bemerkbar gemacht hatte: die Länge einer Einstellung, mit der eine sich in Bewegung befindliches Objekt verfolgt werden konnte.
Oder das Aufnahmegerät wird selbst in Bewegung gebracht - und kann mit den aktuellen Flashdrives fast "unendlich" lange einen Bewegungsablauf verfolgen. Die nächtlich ausgestrahlten Filme mit Landschaftsbeobachtungen aus dem Fahrwerk eines Triebfahrzeugs können heute oft schon auf einen Schlag abgedreht werden.