Wer in den Medien der vergangenen Woche die Berichte und Hintergrungberichte über die sogenannte "K-Frage" und deren Beantwortung in den Führungskreisen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands verfolgt hat, [1] wird ob dieser aktuellen Entwicklungen - in deren Schlagschatten sich auch der dienstälteste Ministerpräsident aus der SPD-Fraktion von Rheinland-Pfalz aus dem aktiven Politikerleben verabschiedet - leicht übersehen, welche Folgen diese Entwicklung hat.
Die tagesaktuellen Berichterstatter haben wohl zu wenig Zeit - und vielleicht auch keinen Sinn für "sowas": Sie behaupten allenfalls, dass der jetzt nominierte Kanzlerkandidat gegen die anderen beiden Anwärter "gewonnen", die anderen beiden "verloren" hätten.
Es ist nicht auszumachen, ob die ständige Beschleunigung in der inzwischen fast volldigitalisierten Politik-PR dazu führt, dass nicht nur die technischen, sondern aus die gedanklichen Halbwertzeiten des Gesagten immer kürzer werden.
Aber es scheint evident zu sein, dass das - zumindest auf den zweiten Blick - Offensichtliche entweder gar nicht mehr erfasst oder aber im Rahmen der aktuellen Diskussion für unnötig darzustellen erachtet wird. [2]
Da diese Publikation sich auch in Zukunft nicht reinen parteipolitischen Themen annehmen wird, sei das nachfolgend an dieser Stelle Gesagte nur als ein pars pro toto für die hier aufgestellte These zu werten, wie es die Überschrift schon signalisiert: Wenn es überhaupt einen Gewinner nach den nächsten Bundestagswahlen gibt, dann wird das der jetzt fälschlicherweise als unterlegen angezählte Frank-Walter Steinmeier sein.
Ein Jahr nach diesem Artikel und dem zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht fixierten Wahltermin für den Bundestag wird feststehen, dass
— die SPD mit den Grünen nicht die Regierung wird stellen können
— die Linke sich bis aufs Verrecken bemüht haben wird, hier das Zünglein an der Waage spielen zu können
— die Piraten klammheimlich dem unterlegenen SPD-Kandidaten versucht haben werden, einen Ausweg aus dieser misslichen Lage anzubieten
— die FDP alles unternommen haben wird, jene Position zu besetzen, die sich die Linke so sehr gewünscht hätte, auch um den Preis der Aufgabe des Anspruchs auf die erneute Besetzung der Position des Aussenministers
— die CDU der SPD eine grosse Koalition anbieten wird - erneut mit Frank-Walter Steinmeier als Aussenminister.
PS.
Dieser Text wurde am Wochenende geschrieben und an dieser Stelle eingestellt. Ergänzend dazu der Hinweis auf die heute ab 10:05 ausgestrahlte Sendung "Journal am Vormittag: Kontrovers - politisches
Streitgespräch mit Hörern und
Studiogästen" in der dieses Thema unter der Überschrift "Peer Steinbrück gegen Angela
Merkel - erobert die SPD das
Kanzleramt?" nochmal ausführlich mit kompetenten Kolleginnen und Kollegen diskutiert wird.
– Dirk Olliver Heckmann, Moderation
– Susanne Höll, Süddeutsche Zeitung
– Eckart Lohse, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
– Rainer Burchardt, freier Publizist
Eine Beteiligung von Hörern ist möglich unter der Mailadresse
kontrovers@dradio.de
und / oder der Telefonnummer:
00800 4464 4464
PPS.
Passend dazu auch die MEEDIA TOPSTORY: Cicero und der Steinbrück-Scoop auf die am Folgetag eine Leserin hingewiesen hat.
PPPS.
Nachtrag vom Sonntag, den 14. Oktober 2012: Das mit der Headline "Verzicht aus Liebe" versehene Steinmeier-Interview von Angelika Hellmann in der BILD AM SONNTAG in dem beide gleich zu Beginn auf den Punkt kommen:
Hellmann spricht Steinmeier als den Favoriten seiner Partei auf die Kanzlerkandidatur an, einer Aussage, der er nicht widerspricht, sondern auf die er wie folgt antwortet:
"Wenige Dinge sind schwieriger, als Nein zu sagen, wenn man selbst nicht ohne Ehrgeiz und die Aufgabe groß ist. Zweierlei war für mich am Ende ausschlaggebend: Ich wusste, dass Peer Steinbrück ein hervorragender Kandidat sein würde. Und mir war klar, was ein Jahr Wahlkampf für mich und meine Familie bedeuten würde. Wahlkampf, das heißt, an jedem der kommenden 365 Tage die doppelte Drehzahl zu laufen. Bei mir zu Hause ist aber in den vergangenen zwei Jahren Einschneidendes passiert. Und das hat einfach die Gewichte noch einmal verschoben und zu meiner Entscheidung geführt."
PPPPS.
Und das - "lest, lest" (sic!) - schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE in der Ausgabe vom Montag, den 19. August 2013, also gerade mal einen guten Monat vor dem Wahltermin:
"Es ist das Problem der SPD, dass die meisten Wähler mit ihrer Lage ganz zufrieden sind; sie sind empfänglich für das Thema Gerechtigkeit, aber offenbar nicht in dem für einen Regierungswechsel erforderlichen Maße.
So wird bei nüchterner Betrachtung eine große Koalition für die Sozialdemokraten immer mehr zur einzig realistischen Option - wenn sie bei ihrer Absage an die Linke bleiben und die FDP sich nicht doch von einer Ampel blenden lässt"