Die Ankündigung
Am 16. November vergibt die Film- und Medienstiftung NRW ihre diesjährigen Kinoprogrammpreise im Kölner Gloria Theater an Kinobetreiber aus Nordrhein-Westfalen. Geehrt werden Filmtheater, die im vergangenen Jahr durch ein herausragendes Programm auf ihren Leinwänden überzeugen konnten. Zu der Verleihung im Kölner Gloria kommen traditionell zahlreiche deutsche Kreative, Schauspieler und Regisseure und ehren das Engagement der Kinobetreiber.
Zum ersten Mal wird die Verleihung der Kinoprogrammpreise in diesem Jahr von einem Kongress begleitet, der in Köln die Zukunft des Kinos ausloten soll. Themen sind neue Ansätze des Kinomarketings für mittelgroße und kleine Häuser und die Frage nach zukünftigen Konzepten für Kinos nach der Digitalisierung. [...] [1]
Eine Jury bestehend aus Emma Klopf (Prokino), Andreas Kramer (HDF Kino), Torben Scheller (Apollo Kino, Hannover), Filmkritiker Rüdiger Suchsland und Britta Lengowski (Film- und Medienstiftung NRW) wählte aus den eingereichten Anträgen die besten und innovativsten Filmprogramme aus, zudem werden Kinderprogramme mit einem Sonderpreis prämiert. Im letzten Jahr vergab die Film- und Medienstiftung an 50 Filmtheater aus NRW Prämien in Höhe von 384.000 €.
Im Rahmen der Verleihung des Kinoprogrammpreis wird zudem der Herbert Strate-Preis verliehen, mit dem Film- und Medienstiftung NRW und der HDF Kino e.V. Menschen ehren, die sich um den deutschen Film verdient gemacht haben. Letztes Jahr ging der mit 20.000 Euro dotierte Preis an Regisseur Wim Wenders.
Das Programm
[2]
Das Kino von Morgen
Erster NRW Kinokongress
Moderation: Ute Soldierer, Deutsche Welle TV, Berlin
Begrüßung: Petra Müller, Geschäftsführerin Film und Medien Stiftung NRW, Düsseldorf
— Was kommt nach der Digitalisierung?
Entwicklungsperspektiven für das Kino als Ort und Abspielstätte
– Dr. Wolf Siegert, Geschäftsführer IRIS® Media, Berlin
– Christoph Ott, Head of Campaign, NFP marketing & distribution, Berlin
— Mein Kino, meine Zielgruppe, mein Marketing!
– Jörg Domhöfer, Geschäftsführer 21 research, Schwetzingen
– Mustafa Mussa, Geschäftsführer BeBAM Mobile, Düsseldorf
– Anya Rutsche, Social Medie Consultant Bigmouthmedia, LBI, München
— Lounge oder Luxus? Erfolgreiche Kinobetreiber und Ihre Konzepte
– Hans Joachim Flebbe, geschäftsführenden Gesellschafter der Astor Film Lounge Gruppe
– Jürgen Hillmer, Kino Lichtwerk, Bielefeld
– Matthias Elwardt, Abaton, Hamburg
Zusammenfassung und Ausblick
– Dr. Thomas Negele, HDF, Berlin
Zum Thema
(ein kleines Sammelsurium von aktuellen Assoziationen, mehr nicht :-)
Tim & Struppi
In der Ausgabe Nr. 44 vom 27. Oktober von DIE ZEIT findet sich eine Besprechung von / Reflektion zum Film "Tim und Struppi" von Georg Seeßlen, die um 11:27 Uhr auch online gestellt wurde. Und darin findet sich der Satz:
Im Gegensatz zum Comic-Tintin ist der Film-Tim nicht, sondern er geschieht. Sieht man ihn einmal nicht in Bewegung, so beginnen schon Selbstzweifel und Verzagtheit; Tim ist von der »Leerstelle« nicht zu einer Person geworden, sondern: zu einem postidentischen Akteur, für den Zeit und Raum – das rein technisch erzeugte »Volume« des Lebens – nur als beliebig vorstellbar sind. Deswegen gibt es in diesem Film auch keine historische Bestimmung.
Damit ist auf ebenso individuelle wie beispielhafte Weise beschrieben, was die Folgen dieses Verfahrens des sogenannten Motion Capturing sind: Die Ent-Authentifizierung der Realität mit dem Ziel der Realisierung virtueller Licht-Spiel-Räume.
An diesem Tag aber wird es um die Zukunft der Distribution dieser so neu gefertigten Geschichten gehen. Und diese wird, wie schon zuvor in der Telekommunikation und im AV- und TV-Sektor, ebenfalls total digital stattfinden.
3 D im Kino
Interessant ist, was die Leser zu dieser Kritik schreiben. Sie streiten sich nämlich über die technische Qualität dessen, was sie da im Kino-Saal erlebt haben.
"Garzun" posted am 27.10.2011 um 12:46 Uhr:
3D - ist der Skandal
Wieder ein Film den ich nicht im Kino sehen werde. Warum? Warum sollte ich mir einen Film freiwillig im Kino in einer schlechteren Qualität ansehen, als ich es von zu Hause gehwohnt bin?
3D ist das Schlimmste, was sich die Kinos antun konnten. Es ist unscharf, kontrastlos, farbarm, es flimmert und es zwingt zu einem unnatülichen Sehen. Wenn ich in einem Film nicht einmal Personen scharf sehen kann, auf denen der Kamerafokus liegt, dann läuft etwas schief!
Das schlimmste an der Entwicklung ist jedoch, dass man gezwungen werden soll einen Film in 3D zu gucken. Wenn ich die Wahl hätte würde ich mir IMMMER die brilliantere Variante in 2D aussuchen. Ab vorsorglich erscheinen die Filme in den Kinos immer häufiger nur noch in 3D.
Ich habe mich wirklich bemüht 3D gut zu finden, habe Ice Age 3(leider nur 20 Minuten aufgrund einer defekten Projekterlampe), Alice im Wunderland sowie Tron Legacy in 3D in verschiedenen Kinos gesehen. Es wurde nicht besser. Ich werde nie wieder in einen 3D Film gehen, es sei denn die Technik wird VIEL besser.
Und "Markus_Salzhaufen" erwidert am 27.10.2011 um 13:27 Uhr:
Kino oder 3D schuld?
Sie sollten vielleicht mal das Kino wechseln, wenn alles unscharf ist und nach 20 Minuten schon mal die Projektorlampe durchbrennt ;)
Ich habe bisher nur Avatar gesehen und fand das schon sehr beeindruckend.
Digital Film Making
James Mathers, Präsident und Co-Founder der Digital Cinema Society DCS schreibt in seinem Mitgliederrundbrief vom 31. Oktober 2011:
"I’ve always been in love with the look and feel of images captured on film, but sadly, the writing seems to be on the wall. Acquiring motion pictures on celluloid is becoming increasingly less common. In the words of Volker Bahnemann, the recently retired former President and CEO of ARRI, Inc. regarding my coverage of the topic: “I always believed the change to digital would happen slowly at first, the way water freezes. First just a few crystals, then more and once the critical mass has been reached, instant solid ice! James saw it coming and he helped us see it as well.” Film has not yet reached it’s Ice Age, but there are a lot of signs that it is fading fast."
Kinoprogrammpreise und Verleiherpreise 2011
Aus der Pressemitteilung Nr.: 364 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung:
Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat am 6. Oktober die Kinoprogramm- und Verleiherpreise 2011 vergeben. Anlässlich der Preisverleihung erklärte der Kulturstaatsminister: "Die Programmkinos stehen für Vielfalt und Qualität, ohne sie wäre die Kinofilmkultur in Deutschland vorrangig kommerziell ausgerichtet. Der Kinoprogrammpreis ist eine Anerkennung und Würdigung des wichtigen Beitrags der Programmkinos für die Filmkultur."
Der Kulturstaatsminister betonte weiter: "Das neue digitale Format der Filme stellt aber gerade die kleineren Kinos mit hochwertigen Filmprogrammen vor eine große finanzielle Herausforderung. Die Unterstützung der sogenannten "kleinen" Kinos war das Leitmotiv des Deutschen Bundestages für die Bewilligung der Mittel für die Digitalisierung der Kinos. Unser gemeinsames Ziel ist es, schrittweise die flächendeckende Digitalisierung der Kinos zu erreichen, um die Vielfalt der deutschen Kinolandschaft und damit die Abspielstätten für den deutschen Film zu erhalten. Die Nachfrage nach dem Förderprogramm ist so stark, dass die für das Jahr 2011 in meinem Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 4 Millionen Euro bereits Ende Mai dieses Jahres vergeben waren. Daher habe ich in diesem Jahr weitere 2,7 Millionen Euro für die Förderung der Digitalisierung der Kinos zur Verfügung gestellt."
Rückblick in die Zukunft
Eigentlich gar nicht zur Sache gehört der Artikel von Kay Hoffmann aus Trau-Schau-Wem. Digitalisierung und dokumentarische Form. Konstanz 1997. S. 13-28 in dem es genau um das Gegenteil dessen geht, was "das Kino" als Geschichtenerzähler auch nie für sich in Anspruch nehmen würden: Authentizität.
Hier als Link sein Aufsatz über: Das dokumentarische Bild im Zeitalter der digitalen Manipulierbarkeit.
"Doch das Verhältnis des Publikums zum bewegten Bild wird sich grundlegend ändern müssen. Die Digitalisierung macht den Eingriff in jedes Bild möglich, jeder einzelne Bildpunkt kann verändert werden oder mehrere Bildelemente zu einem neuen, phantastischen Bild zusammengebaut werden. Die digitale Technik bedeutet, daß die Bildbearbeitung - wenn man es provokativ ausdrücken will: die Bildmanipulation - zum einen ohne Qualitätsverlust in den verschiedenen Generationen, zum anderen nicht nachweisbar vollzogen werden kann. [...] In der Werbung und im Spielfilm ist dies legitim. Es ging und geht um die Schaffung möglichst perfekter Illusionen und atemberaubender Bilder. Beim dokumentarischen Bild sollte zumindest ein Diskussionsprozeß über Konsequenzen beginnen. "
Die Lektüre dieses Textes macht sensibel auf einen ganz anderen Zusammenhang. Die hohen Anforderungen an das Kino von heute, in höchster technischer Perfektion zeigen zu sollen, was eh’ mit dem Thema der Wahrheit nur sehr wenig zu tun hat.
Nein: Keiner von uns sehnt sich nach dem rauschenden Knatterton zurück und auch nicht nach den Schleifspurstreifen auf der ausgelaugten Endzeitkopie eines Filmstreifens. Aber die Erfüllung der Mindest-Standards der digitalen Kinoprojektion im 2D- und 3D Bereich mit mindestens 2K-Auflösung ist eine notwendige, aber noch lange keine hinreichende Voraussetzung für einen auch morgen noch erfolgreichen Kinobetrieb.
Im Rückblick
... auf die beiden oben benannten Veranstaltungen die folgende Links und Bilder:
– Der KinoProgrammPreis 2011 Film-Link:
– der Preisträger-Kinos in NRW-Link - ein Film in dem alle der an diesem Abend der Preisverleihung ausgezeichneten Kinos gezeigt wurden - der offensichtlich noch nicht zur öffentlichen Darstellung gebracht wurde
– der Mitschnitt der Rede von Dieter Kosslick aus Anlass der Verleihung des Herbert-Strate-Preises, der aus Gründen der Diskretion nicht gezeigt wird
– die Bildergalerie mit Fotos von Heike Herbertz vom Kinokongress unter dem Link:
http://www.filmstiftung.de/galerie/index.php?galerie=nrwkinokongress11&pic=2
– ein weiteres in dieser Galerie nicht publiziertes Foto mit [v.l.n.r.] Christoph Ott, Ute Soldierer und dem Autor, der für sich zumindest die Urheberschaft an dem Titel dieser Veranstaltung "Was kommt nach der Digitalisierung" in Anspruch nimmt
Nachtrag
Hier ein Zitat zum Thema HDF-Regionalsversammlungen das im Newsletter vom 1. Dezember 2011 u.a. wie folgt zusammengefasst wurde:
Die HDF-Regionalversammlungen 2011 waren geprägt von dem Thema Finanzierung der Digitalisierung und Konsequenzen der Digitalisierung für das Filmabspiel. In diesem Zusammenhang wurde eine Brücke geschlagen zu den aktuellen Strukturdaten der Kinobranche in Deutschland, die deutlich machen, wie stark der Wandel in den letzten Jahren eine Veränderung der Kinolandschaft eingeleitet hat. Neben einer Reduzierung der Leinwandzahl auf 4.647 (Vorjahr 4.673) ist insbesondere die deutliche Veränderung bei den Kinostandorten besorgniserregend. Gab es im Juni 2006 noch 1.027 Orte, an denen ein Kino betrieben wurde, sind es im gleichen Zeitraum 2011 nur noch 941 Standorte, an denen ein Kinospielbetrieb stattfindet. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig und umfassen Landflucht, mangelnde Rentabilität und Investitionsstau, Nachfolgeproblematik sowie sicherlich auch die Digitalisierung und die damit einhergehenden Investitionen, die einen nachhaltigen Spielbetrieb voraussetzen.
Vor diesem Hintergrund wurde das Thema „Digitalisierung“ in all seinen Facetten umfassend diskutiert. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, welche Möglichkeiten es für sogenannte Marktkinos gibt, ebenso wie die Kriterienkinos, finanzielle Unterstützung für die Umrüstung zu erhalten. Hier herrscht ein fördertechnisches Ungleichgewicht, das ungerecht ist, den Mittelstand belastet und zu einer massiven Unzufriedenheit gerade bei denjenigen Kinos führt, die regulär und ohne Vorbehalt auch in der Vergangenheit immer Filmabgabe geleistet haben. Gerade sie sind die Verlierer bei der digitalen Umrüstung, weil es für sie weder (wie üblich) zinslose FFA-Darlehen oder sonstige finanzielle Unterstützung gibt. Intensiv nachgefragt wurde insbesondere von den Kriterienkinos unter den Teilnehmern, in welcher Form eine Beteiligung der Verleiher an der Umrüstung stattfindet und wann diese Unterstützung beginnt und greift. Im Fokus stand die Ankündigung, auf Beschluss des Verwaltungsrates, dass sich die Verleiher mit bis zu Euro 20 Mio. an der Umrüstung bei den Kriterienkinos beteiligen wollen. Ebenso diskutiert wurde die Frage, wie Kinos, die aus eigener Kraft frühzeitig und ohne Unterstützung der FFA bzw. eines Bundeslandes digitalisiert haben, nun als die Vorreiter im Markt über mögliche verbindliche VPF-Regelungen mit den Verleihern ebenfalls Unterstützung erhalten können. Unmut herrscht bei diesen Kinobetreibern insbesondere darüber, dass es keine diesbezüglichen verbindlichen Regelungen zwischen Kino und Verleih gibt und die bisherigen VPF-Leistungen individuell und ohne zeitlichen Rahmen geleistet werden. Gleichzeitig wird von Verleihseite immer wieder darauf hingewiesen, dass über Drittanbietermodelle eine VPF-Regelung gegeben sei und dieser Weg doch eingeschlagen werden könne. Diese Aussage ist unbefriedigend. Es wurde deutlich aufgezeigt, dass hier mehr Entgegenkommen und Verbindlichkeit von den Verleihern erwartet wird.
Ebenso deutlich wurde von den Teilnehmern das Thema Kopienversorgung im digitalen Zeitalter angesprochen. Es ist für viele Kinobetreiber nicht nachvollziehbar, dass sie auf der einen Seite zu hohen Investitionen in die Digitalisierung zur „quasi“ Existenzsicherung des Betriebes herausgefordert werden, gleichzeitig aber die Kopienversorgung in der digitalen Welt im analogen Denken einiger Verleiher hängen bleibt. Hier wird dringender Handlungsbedarf gesehen. Gleichzeitig wird aber auch erkannt, dass sich insbesondere in den letzten Monaten diesbezüglich ein Wandel zumindest bei einigen Verleihern abzeichnet. Das ist aus Sicht der Kinobetreiber auch dringend notwendig, denn sie haben nicht zuletzt auch in der Erwartung digitalisiert, dass sie mit der neuen Technik auch zusätzliche Besucher durch entsprechende Programmgestaltung vor Ort generieren und binden können.
Gleichzeitig wurde vor diesem Hintergrund auch diskutiert, wie eine breitere Versorgung der Startkopien in der digitalen Welt sich auf die dem Kino folgenden Auswertungsstufen auswirken kann. Welche Konsequenzen haben grundsätzlich breit gestartete Filme für die exklusive Auswertung im Kino? Und was bedeutet ein breiter Filmstart für die Umsatzverteilung in den Orten mit mehreren Kinos insgesamt? Wächst der Umsatz national oder verteilt er sich nur anders auf die bestehenden Spielstätten? Eine klare Antwort auf diese - für die Kinos zentrale Fragen - konnte nicht gefunden werden, da auch hier die Meinungen innerhalb der Kinowirtschaft sehr heterogen sind. Eines aber kann deutlich als Konsens festgehalten werden: Die Kinobetreiber erwarten und fordern mehr Flexibilität bei der Kopienpolitik und eine schnelleres Handeln der Verleiher auf Besucherreaktionen. Das starre Festhalten an Startkopienzahlen, ohne auf die weitere Entwicklung eines Films – zum Beispiel bei deutlicher Nachfragesteigerung durch das Publikum – zu achten, ist nicht mehr zeitgemäß. Es ist jetzt entscheidend, das analoge Denken im digitalen Zeitalter zu überwinden und die technischen Möglichkeiten, die dem Kinobetreiber durch die Digitalisierung gegeben sind und die dieser gerne einsetzen möchte, von Verleihseite auch zukunftsorientiert zu nutzen.