Offline Leben

VON Dr. Wolf SiegertZUM Samstag Letzte Bearbeitung: 16. Januar 2015 um 00 Uhr 12 Minuten

 

Entzugserscheinungen? Die An-Bindung ans Netz, das „Allways-On“ ist inzwischen zu einer solchen „Selbstverständlichkeit“ geworden, dass man sich ihrer bedient wie des fliessenden Wassers aus der Leitung und des Stroms aus der Steckdose.

Derzeit gibt es letzteres auch. Und plötzlich wird klar, was es für einer Anstrengung bedurft haben muss, um hier inmitten von Wald und Karst in 1200 Meter Höhe über dem Meerespiegel all diese Annehmlichkeiten der Lebenskultur zu installieren, und die Kläranlage und den GSM-Empfang gleich noch dazu.

Es sind also alle Voraussetzungen gegeben, um in angenehmen Zimmer-Temperaturen bei einem kühlen steierischen Junker-Wein die Arbeit des Schreibens fortzusetzen. Und doch ist es ein interessanter Vorgang an sich pesönlich mitzuerleben, dass dieser Text zunächst „nur“ für sich selbst entsteht, ohne die Chance zu haben, unmittelbar während oder auch nach seiner Entstehung „ins Netz“ gestellt werden zu können.

Dieser eigentlich simple Vorfall ist umso bemerkenswerter, da es für Texte dieser Art nicht wirklich eine „deadline“ gibt – allenfalls Hinweise und Anfragen, warum denn der Schreibfluss plötzlich eingestellt worden oder gar versiegt sei. Ja, solche Hinweise sind eigentlich sogar ein klein wenig schmeichelhaft, denn sie zeigen, dass es tatsächlich „da draussen“ Leserinnen und Leser gibt, die Interesse an dieser Lektüre haben.

Auch ist in diese Tagen der Jahreswende das E-Mail-Aufkommen – ausser was den Spam betrifft – durchaus geringer und eine Dringlichkeit nur in den seltensten Fällen zu erkennen. Es gibt also in diesem Sinne keine wirkliche Not-Wendigkeit hier und jetzt „Online“ sein zu müssen.

Ja: Man muss ganz klar festhalten, dass die Versorgung mit Wasser und Strom, Wärme und Entsorgung weit vordringlicher ist als die mit Netzkapazität und Internetzugang. Und dass es weiter möglich ist – vorausgesetzt man zahlt die horrenden Roaming-Kosten für den Datentransport – auch via GSM und mittels einer T-Mobile-PCMCIA-Card einen Netzzugang zu erhalten.

Insofern also „Much Ado about Nothing’“ - wenn dieses ‚Nothing’ nicht dabei wäre, sich zur (zweit-)wichtigsten „Nebensache der Welt“ zu mausern. Selbst beim Schreiben wollen wir heute schon immer alles und sofort. Alle Fragen im Netz wollen wir sofort beantwortet wissen und alle eigenen Antworten – selbst auf Fragen, die (noch) niemand gestellt hat – der „Welt im Netz“ zu Füssen gelegt haben.

Was für ein Irrtum, sich damit einbilden zu können, man sei auf diese Art und Weise des Schreibens mit der Welt enger verbunden, als dieses zuvor durch die klassische Art des Schreibens und Verlegens möglich gewesen wäre. Aber die Beschleunigung der Online-Verfügbarkeit von Texten und Nachrichten – per Mail, per IM [1], per SMS und Twitter – legt den Verdacht nahe, dass ein nicht sofort aktuell eingestellter Text schon ob dieser zeitlichen Distanz zwischen Generation und Distribution davon in Mitleidenschaft gezogen werden könne…

Diese Zeilen jedenfalls wurde noch vor dem Ende des Jahres 2009 geschrieben – und erst im Januar des Jahre 2010 via „DaybyDay“ ins Netz gestellt. Und sollte er etwas zu sagen haben, sollte diese Aussage auch noch nach einer solchen schlichten zeitlichen Differenz von einer gewissen Bedeutung sein.


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