Warum muss - einmal mehr - ein so wichtiges Thema von einem "english native speaker" eingeleitet werden? Warum, wo es doch ein so anderes Refernzmodell in der angloamerikanischen Welt gibt als in der deutschsprachigen? Weil die Idee der "Creative Commons" nicht mehr an den Landesgrenzen halt macht uns hier genauso betrifft wie jeden anderen Internet-Nutzer in dieser Welt.
Das Thema dieses Nachmittags lautet:
Urheberrecht im Internetzeitalter
Das Internet revolutioniert die Rahmenbedingungen für die Content- und Kreativwirtschaft. Angesichts dessen hat das bestehende Urheberrecht die schwierige Balance zwischen Rechtsgüterschutz und Rahmensetzung für Kulturproduktion verloren. Die Nachfrage für kulturelle Werke, wie z.B. Musik ist enorm. Die Diskussion um Urheberrechtsverletzungen im Internet nimmt an Schärfe zu und die Forderung einer tiefgreifenden Reform des traditionellen Urheberrechts wird immer massiver. Wie kann und muss das Copyright an die digitalen Realitäten angepasst werden? Wie lässt sich geistiges Eigentum im Netz schützen? Und wie profitieren die Produzenten und Urheber?
Und es wird vorgestellt wie folgt:
14.00 - 14.30 Keynote
Creative Commons as Conversational Copyright
Michael W. Carroll, Creative Commons, USA
Wenn wir über das Copyright im Internet sprechen, dann reden wir über die Zukunft des Internets. Und in dieser Zeit ist auch die Kultur nicht anders mehr als ein gewisse Menge an Daten. Gute Daten, schlechte Daten. Das sei dem Rechner egal. Genauso wie es dem Rechteinhaber egal ist, wie gut sein Produkt sei.
Es gebe eine immer grössere Vermengung von professionellen und persönlichen Projekten.
Jesse Dylan’s Film über die Idee von Creative Commons wird vorgeführt.
Heute sind über 200 Millionen Links auf die CC-Regeln aktiviert worden.
Der Nutzerhinweis geht auf Purefold
Die erste Frage von Dr. Christoph Wagner, Hogan & Hartson Raue, Berlin an den Speaker: würde er Madonna empfehlen, die CC-Regeln für ihre Werke anzuwenden. Die Antwort: Ja, für einige schon - Nein, für andere nicht.
14.30 - 16.00 Podium
Annette Kroeber-Riel, Google Germany, Berlin
Wird als erste befragt, wie es um die Zukunft des Buch-Scannens bestellt ist. Am 8. September 2009 habe es ein Gespräch mit der Frau Kommissarin Redding gegeben und sie habe die Bestrebungen von Google positiv geheissen.
Derzeit würde man mit 80% der deutschen Verlage zusammenarbeitet.
Als Suchmaschine sei man von der Pirateie nicht betroffen, aber man würde helfen, die Piraten zu finden.
Google-News-Werbung war ein US-Versuch. Und das sei es auch gewesen zu sein.
Als Suchmaschine bieten wir den Verlagen eine kostenlose Dienstleistung an, die diese nicht in Anspruch nehmen müssen.
Es muss ein angemessenes Urheberrecht gefunden werden. Die Debatte war bislang dominiert von wenigen Internet-Vertretern.
Aber jetzt gäbe es auch das Internet-Manifest, und diese Debatte würde aber erst jetzt beginnen.
Das bedeutet noch lange keine Nähe zur Piratenpartei.
Auch für die Bildersucher müsse es Regeln geben im dritten Korb.
Alexander Skipis, Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Frankfurt a.M.
Das Google-Settlement und das Google-Books-Search seien zwei völlig verschiedene Dinge.
Man sei gegen das Settlement, weil
— es sich auf die opt-out-option bezieht
— damit ein Monopol entstehen könnte.
Ja, er habe ein e-book und ihn freue es sehr, dass es diese fanzinierende Angelegenheit gäbe.
Aber man solle trennen, was ein privates Vergehen sei und was eine kriminelle Handlung.
Die entscheidende Frage sei die nach dem Umgang mit dem kulturellen Erbe.
Es würde jetzt jedes Vertrauen in die neuen Schritte von Google fehlen.
Es gäbe auch ein Projekt in Europa, die Europeana.
Wir wollen Hinweise geben können, dass das, was auf dem Computer geschieht, illegales Handeln impliziert.
Die Zeitschriften - auch wenn er sie nicht vertreten würden - wünschten das Leistungsschutzrecht. Die Buchverlage dagegen würden es nicht wünschen.
Jens Seipenbusch, Piratenpartei Deutschland, Berlin
Google sei "ein sehr fortschrittliches Unternehmen" und er habe nichts gegen ihre Aktivitäten.
Die Partei würde eine Reform des Urheberrechtes fordern. Die für private Zwecke getätigten Kopien sollten nicht weiter geahndet werden.
Das Problem sei, dass das Recht nur territorial gelte, es gäbe keine international geltenden Regeln. Und es gäbe auch keine Sonderregelungen im Internet.
Bedroht die all-for-free-Mentalität die Qualitäts-Suche? Der dritte Korb muss wissenschafts- und urheberfreundlich sein!
Die Tonträgerindustrie auf CD habe ausgedient, er habe bislang keine Klagen vom Apple-Shop gehört.
Aber man will die Kontrolle nicht an die Verwertungsfirmen zurückgeben, sondern an die Urheber selbst.
Ich glaube nicht, dass der Nutzer nicht zahlen will. Die Leute, die file-sharing machen sind auch die, die am meisten kaufen. Das würden neue Studien nachweisen.
Mit dem Internet kann man heute alles auch ohne Verleger machen. Und verkaufen kann man aber dennoch im Internet. Es wird also weiter verkauft werden. Aber anders.
Prof. Dieter Gorny, Bundesverband Musikindustrie, Berlin
Das Internet sei eine tolle Technologie mit ungeheur vielen Möglichkeiten.
Die Musik als Kulturgut war mit diesen "Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Netzes" konfrontiert worden.
Bei allem über was wir reden, reden wir über den Austausch von Inhalten.
Und das bedeutet, man müsse nach gemeinsamen Geschäftsmodellen suchen.
Das schöpferische Tun ist noch nicht Gegenstand der Diskussion um die Rechte.
Er zitiert die Forderung nach einer Strassenverkehrsordnung für das Internet.
"Wir haben die Popkom abgesagt, weil die Teilnehmerzahl auf sich wünschen liess."
Er reiche nicht, noch viele weitere "Körbchen" in die Landschaft zu stellen.
Es sei erstaunlich, wie weit das Thema sich schon auf eine "gesellschaftliche Claud" zubewegt. Vor einem Jahr hätte man sich vielleicht noch angeschrien...
Die Gefahr sind nicht die Grossen - die Gefahr sei der Verlust der Vielfalt.
Mit dem Verschwinden der Majors werde sich die Vielfalt dadurch nicht erhöht haben.
Unser Content ist nicht die CD, sondern die Musik.
Martin Moszkowicz, Constantin Film, München
Heute ist man sich schon darüber im klaren, dass es sich hier um Urheberrechtsverletzungen handelt.
Der Schaden ist immens - aber die Zahlen sind nicht das Thema. Sondern es geht um den Diebstahl, den es zu unterbinden gilt.
Man macht daher: 1. Aufklärung, 2. Verfolgung, 3. Angebot.
In der Post-Prod sind bis zu 800 Leute beschäftigt. Und das ist - trotz aller Bemühungen (Nachtsichtgeräte in den Kinos) - nicht komplett einzudämmen.
Die Annonymität des Internets führt dazu, dass viele heute noch nicht wissen, dass man das Verhalten der Nutzer heute nicht mehr anonym sei.
Man habe schon viele mögliche Modelle erprobt. Und noch keines davon habe bislang "richtig hingehauen". Und daher brauchen wir "Hadopi" in Deutschland.
Dr. Matthias Leonardy, Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), Berlin
Verbote alleine bringen nichts, man müsse etwas dagegen tun. Der Respekt vor dem geistigen Eigenturm sei gefragt.
Die Mentalität der Toleranz gegenüber der Piraterie sei eine neue. "Geiz ist geil" sei inzwischen ein gesellschaftliche Realität.
Es gehe nicht um "digitale Todestrafe" oder das "Abschalten", sondern darum, dass der Nutzer im Moment seines "falschen" Tuns dafür informiert wird, dass dem so ist: In England würden danach 70% die Finger in Zukunft von solchen Adressen lassen. Wenn diese in Deutschland "nur" 25% wären, wäre man schon froh.
Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch soll nicht die gewerbliche Verfolgung ersetzten .
Oliver J. Süme, eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft, Köln
Simultanübersetzung DE/EN
Auch die Rechteinhaber haben inzwischen neue Mittel in die Hand bekommen, sich zur Wehr zu setzen. Und das würde im Bereich der Filmwirtschaft inzwischen auch wahrlich genutzt.
Er verweist auf den Dialog, der zur Zeit im Wirtschaftministerium geführt wird.