In Zeiten, in denen auch die Expropriation der Expropriateure inzwischen nicht mehr das ist, was sie mal war und man sich stattdessen als sein eigener Arbeitgeber zu belohnen oder zu verwarnen hat, ist es nicht nur legitim, sondern auch wichtig, sich - auch öffentlich - dieser Doppel-Rolle bewusst zu werden und damit als Thema der (Eigen-)Darstellung nicht länger auszublenden.
In der Süddeutschen Zeitung sind vor nicht allzulanger Zeit zwei Fotos zur Abbildung gekommen, die eine Vielzahl von Bankern auf dem Börsenparkett zeigten und darunter eine Vielzahl von Menschen auf der Strasse, von denen einer mit einem grossen Balken eine Schaufesterscheibe einschlägt.
Was aber, wenn die notwendige Kapitalakquise und der Kampf um die Früchte der Arbeit nicht mehr allein aus diesen Massen-Szenarien zur Identifizierung des Potenzials projeziert bzw. aus diesen abgeleitet werden kann?
Was, wenn in diesen Klassenkampf-Zwei-Null-Szenarien diese Positionen nur noch als Zitat ihrer selbst zur Geltung kommen und zunehmend in die Welt der Selbstausbeutung verlagert werden?
Und was, wenn in der Fortsetzung des Montanmodells und der Mitbestimmung heute die Krisenbewältigungsstrategien von den Arbeitgebern und Gewerkschaften gemeinsam als überlebens-notwendige Kooperationsmodelle vorgestellt werden?
Was,
- wenn die CDU der SPD vorwirft, was die FDP der CDU vorwirft: Nach "links" gerückt zu sein,
- wenn der Linken-Parteichef Oskar Lafontaine von den Radikalen aus dem "Schwarzen Block" bei seiner Rede auf dem Römerberg mit Äpfeln und Eiern beworfen wird und
- wenn die die "Grünen" inzwischen mit den "Schwarzen" zu koalieren begonnen haben?
Warum - in Zeiten wo die WoW-Gildenführer die Szene bestimmen [1], ganze Vergnügungsparks, Familienclans und Stadtlandschaften virtuell erreichtet und betrieben werden können - gibt es noch keine öffentlich vertriebenen Strategiespiele, in denen das Wohl und Wehe von Kapital und Arbeit, Politik und Parteien, in Szene gesetzt worden ist?
Oder ist der Erste Mai in Kreuzberg immer noch so attraktiv, dass diesem Ereignis - zumal bei so gutem Wetter wie heute - kein noch so abgefahrenes Spiel-Erlebnis das Handtuch reichen kann?
Hier ein Zitat aus "Nerdsnacks on Apr.30, 2009":
"Während morgen in Berlin wahrscheinlich große Krawalle zwischen Autonomen und Polizei stattfinden, lass ich es ganz ruhig angehen. [...]
Der 1. Mai wird klassisch mit Rollenspiel verschwendet. Andere kloppen sich mit der Polizei die Köpfe ein, ich mit Orks. Das ist a) wesentlich unschmerzhafter und b) erfolgreicher - vorausgesetzt, mein Charakter segnet nicht wieder das Zeitliche."
Hier ein Extrablatt Bildzitat aus dem Erstveröffentlichungsjahr 2003:
Und hier der Hinweis eines Lesers auf ein Interview von Leon Stebe mit dem politischen Kabarettisten Georg Schramm, das am 14. Mai 2009 ab 09:25 Uhr im Info-Radio des rbb [2] gesendet wurde: