fIT für die Zukunft
Staaten, die international wettbewerbsfähig sein wollen, brauchen moderne Verwaltungen, die die Informationstechnologien konsequent nutzen. Und Bürgerinnen und Bürger, die sie beherrschen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Microsoft-Chef Bill Gates diskutierten in Berlin über die IT-Kompetenz europäischer Staaten und Gesellschaften.
Es ist eine Binsenweisheit: Die Computertechnologien und das Internet haben die Welt verändert und sie werden sie noch weiter verändern. Fast zwei von drei Beschäftigten in Deutschland müssen heute schon mit dem Computer umgehen können. Diese "kulturelle Revolution" sei mit der Erfindung der Buchdruckkunst vergleichbar, befand die Kanzlerin auf dem "Microsoft Government Leaders Forum"
in Berlin. Ihre Auswirkungen seien allerdings in weiten Teilen noch gar nicht erkannt.
"Wer keinen Zugang zu Bildung hat, wird am Wohlstand nicht teilhaben können", so Merkels Prognose. Eine Studie des Branchenverbandes Bitkom gibt ihr Recht:
"IT-Kenntnisse spielen eine immer größere Rolle für den beruflichen Erfolg, auch in traditionell technologiefernen Berufen", stellen die Fachleute fest.
Auch Lehrinhalte und Lernmaterialien stehen immer häufiger nur noch digital bereit veraltete Schulbücher werden damit seltener. Umso wichtiger sei es, den Umgang mit der digitalen Welt so früh wie möglich zu erlernen, betonte Merkel.
Können, das für künftige Generationen eine Selbstverständlichkeit sein werde, fehle heute noch vielen Menschen.
Gemeinsam mit Microsoft-Gründer Bill Gates startete die Bundeskanzlerin den Wettbewerb "IT macht Schule". Um den Titel der "IT-fittesten Schule Deutschlands" können sich ab sofort Schulen, Lehrer und Schüler bewerben. Gefragt sind Projekte, die den Umgang mit Informationstechnologien an Schulen fördern.
Soweit der Originaltext des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, ausgesandt vom "Chef vom Dienst" am 23.01.2008 um 19:13 Uhr. [1]
Weiter heisst es in diesem Dokument unter der Überschrift:
Der digital leistungsfähige Staat
Merkel und Gates waren sich einig, dass angewandte IT-Technologien Staat und Wirtschaft nicht nur schneller und effizienter machen. Mit ihrer auf Dauer kaum zu verschleiernden Transparenz veränderten die digitalen Prozesse die Wirklichkeit selbst: So hätten sich etwa im Gesundheitswesen Patienten, Ärzte und Kassen mit der Zeit an eine gewisse Intransparenz gewöhnt und darin eingerichtet, sagte Merkel. Heute sei mit der digitalen Gesundheitskarte nachvollziehbar, wer etwa zu mehreren Ärzten hintereinander gehe und wer wovon wieviel verschreibt und abrechnet. Das lasse einen gesunden Wettbewerb entstehen.
Beim so genannten E-Government bleibe indes noch viel zu tun. _ Hierzulande sei die Fortentwicklung digtaler Verwaltungsprozesse wegen der verschiedenen Softwarelösungen von Bund, Ländern und Gemeinden immer noch "ein sehr schwieriges Thema", räumte die Bundeskanzlerin ein. "Aber ich denke, der Bürger wird erzwingen, dass er an bestimmte Informationen herankommt und dass aus seiner Perspektive und nicht der der Verwaltung gedacht wird", zeigte sie sich zuversichtlich. "Dafür dürfen wir nicht zuviel theoretisieren, sondern müssen schnell und ganz praktisch anfangen." Manchmal brauche es einfach mehr Mut zum Ausprobieren.
Gates sprach sich dafür aus, den Bürgerinnen und Bürgern beim E-Government weiterhin die Wahl zwischen Papier-Antrag und digitalem Behördenbesuch zu lassen.
Mit kleinen Anreizen und Vergünstigungen ("Hier ein schnellerer Bescheid, da ein kleiner Nachlass auf die Gebühren") könnten die Ämter den digitalen Weg behutsam attraktiver machen.
Erstaunlich an diesem Dokument - ja: der Zeitgeschichte - ist, dass das Thema IKT durchaus und ganz und gar politisch interpretiert wird. Wir zitieren auch noch diese entsprechende Passage:
Längst habe der digitale Wandel nämlich das politsche Handeln an sich erfasst, gab die Bundeskanzlerin zu bedenken. So sei die "unglaubliche Bewegung der Freiheit, die sich über die Welt ausgebreitet hat, ein Produkt der Informationstechnologie".
Ein Dilemma für autoritäre Regierungen: Denn Vernetzung und der Zugang zu den weltweit verfügbaren Informationen sind heute eine unverzichtbare Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Diesen den Bürgerinnen und Bürgern eines Landes bei der Arbeit zu geben, und sie nach Feierabend unmündig zu halten, bedeute einen Zielkonflikt, der sich auf Dauer nicht auflösen lasse.
Die kommunistischen und sozialistischen Systeme seien daran schließlich zerbrochen, sagte Merkel. Insofern hätten die Informationstechnologien schon heute einen "großen historischen Erfolg" errungen.
Das ist wahrlich interessant: noch vor wenigen Tagen erst war im Zusammenhang mit der letzten Rede von Mr. Gates auf der CES davon die Rede, dass die "Buzzwords" dieser Tage mit dem Thema "healthcare" und "education" in Verbindung stehen würden. Und dass sich diese - auch vom intel-Chef Paul S. Otellini - aufgegriffenen Schwerpunkte [2] nicht nur auf den Microsoft-Veteran und Stifter-Vater Gates beziehen würden, sondern auch auf seine derzeitige Rolle und Vision als Gründervater seines Konzerns.
Jetzt ist man in Berlin zu eben diesen beiden Punkten ins Gespräch gekommen: "The Honourable Dr. Angela Merkel, Chancellor of the Federal Republic of Germany" und der "Chairman Microsoft Corporation, Bill Gates": Mit einer Aktion wie dieser kann das Haus Microsoft einmal mehr auch weiterhin für seine eigene wirtschaftliche Gesundheit Sorge tragen und gleichzeit noch für sich in Anspruch nehmen, etwas Gutes für die Bürger und Demokratie in diesem Lande zu unternehmen.
Blicken wir ein Jahr voraus: auch 2009 wird es wieder ein Treffen in Davos geben - und auch dann wäre wieder ein stop-over in Deutschland sicher nicht das Schlechteste. Aber warum dann nicht bei Burda in München? [3]
Und vielleicht kommen dann mal Bill und Melinda zusammen nach Europa. Melinda würde auf dem DLD-Kongress über ihre Stiftung berichten können. Und Bill würde zusammen mit Meg Whitman (dann ehemals Ebay) aufs Podium geladen werden. Beide hätten dann die Freiheit zu denken - und auch Dinge zu sagen - die in ihrer bisher noch zugewiesenen Funktion als CEO nicht opportun wären.