TV-Werbung anno ’56: Ganz "unverbremt"

VON Dr. Wolf SiegertZUM Freitag Letzte Bearbeitung: 2. Februar 2013 um 22 Uhr 33 Minuten

 

Und noch ein Jubiläum - oder ist dies’ etwa keines? Schliesslich wurde genau heute vor 50 Jahren die erste TV-Werbeeinspielung in der ARD geschaltet: Am 3. November 1956.

Die Marke: Persil.
Die Firma: Henkel.
Die Protagonisten: Liesl Karlstadt und Beppo Brem. [1]

Foto: BR
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Da die Leute vom kressreport ja auch Werbung für den Autor machen [2] - wenn gleich sie auch noch nie darüber geschrieben haben, dass hier mit "DaybyDay" das wohl erste echte Online-Journal mit eigener ISSN-Nummer seit 2004 mit im Rennen ist (frei nach dem Motto: "umsonst und tagtäglich draussen" ;-), so sei es ihnen vergönnt, dass dieser auch mal ganz offen Werbung für seinen "Image-Provider" macht: Und darauf hinweist, dass der kressreport dieses Jubiläum zum Anlass nimmt, die Erfolgsgeschichte der Fernsehwerbung in Deutschland nachzuzeichnen.

" Nachdem TV-Werbung zunächst 30 Jahre den Öffentlich-rechtlichen Sendern vorbehalten war, brachte der Start des Privatfernsehens 1984 den Durchbruch für den Werbeträger TV - die Netto-Erlöse der Sender stiegen von 700 Mio. Euro im Jahr 1984 auf 3,7 Mrd. Euro im Jahr 2005. Auch wenn sich neue Konkurrenz durch Internet-TV und mobile Medien abzeichnet, wird das klassische Fernsehen als Werbeträger an seiner Dominanz nichts einbüßen, weist es doch drei generische Stärken auf, die es auch in Zukunft für viele Werbungtreibende unverzichtbar macht: Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft.
Themenplan:
 Geschichte der Fernsehwerbung
 Interview mit Werbungtreibenden
 Die Zukunft von TV-Werbung im digitalen Zeitalter
 Stimmen von Vermarktern und Mediaplanern.

Erscheinungstermin ist der 03. November 06. Wenn Sie mit einer Anzeige dabei sein wollen, wenden Sie sich bitte an Sabine Wengenroth. Tel. 06221 / 33 10- 204 oder sabine.wengenroth@kresspost.de . "

So. Jetzt haben wir endlich auch auf "DaybyDay" mal Werbung gemacht.
Wurde ja auch Zeit: Nach gut(en) drei Jahren der Abstinenz [sic!].

WS.


Am Abend dieses Tages wird auf dieses Datum ganz bewusst einleitend Bezug genommen im Zusammenhang mit der Einführungsvorlesung von Prof. Dr. Franz Liebl im Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation der Berliner Universität der Künste ...

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... die alledings nur dann zugänglich war, wenn man persönlich oder über Beziehungen eingeladen worden war.

Dennoch. Die Aula war voll und das Ganz endete nach Präsentation und Performance mit einem langanhaltenden Beifall. Nur das "da capo" hatte in diesem eher klassischen "set-up" noch gefehlt: Aber das haben die Studierenden ja noch allemal vor sich, wenn sie es wollen.

Der Titel der Vorlesung lautete:

Unbekannte Theorie-Objekte der Trendforschung
Die Unschärfe als strategische Dimension der Markenpersönlichkeit
. [3]

Der Redner geht von der These aus, dass die Punktprognosen der Trendforschung zumeist falsch und „nicht zielführend“ seien. Es sei vielmehr an der Zeit, sich ausführlicher und genauer mit der Bedeutung von Philippe Garniers „Die Entdeckung der Unschärfe“ und Wolfgang Ullrichs: "Die Geschichte der Unschärfe" zu beschäftigen.

Im Gegensatz zu der Behauptung, dass das ein Markenartikel einen klaren Kern, eine USP, kurz eine Markenpersönlichkeit haben müsse, zeigten gerade die unscharfen Bilder der letzten Jahre, dass sie es seien, dass zahlreiche Augen nicht mehr zur Ruhe gekommen und damit der oft nur vage gezeigte Gegenstand erst recht in den Mittelpunkt des Interesses gerückt sei.

Und dann geht es ab in die Geschichte und zu den Geschichten der Herausbildung und Wandlung von so genannten Markenpersönlichkeiten, im US-amerikanischen wie im deutschsprachigen Raum. Es geht um die Salamander-„Lurchi“s und Ariel-"Clementine"s dieser Warenwelt, über echte Unternehmer-Abbilder wie die eines Herrn Falk Darbooven bis hin zu den Avataren wie Robert-T-Online als Leitfiguren der digitalen Avantgarde.

Und es geht um die sich immer mehr in den Vordergrund drängenden Prominenten aus „Film, Funk und Fernsehen“ die zunehmend als Surrogate für die zuvor genannten Gruppen auftreten: wie auch unsere Schauspielerpersönlichkeiten im TV-Umfeld des Jahres 1956. Was schliesslich dazu führt, dass nicht mehr die Marke im Mittelpunkt steht, sondern ihr(e) prominente(r) Moderator(in): wenn sich etwa eine Claudia Schiffer den Jakobs-Kaffee-Duft hinter ihre Ohren tupft.

Am Beispiel der Werbekampagnen der Firma Humanic („passt immer“) wird deutlich, was passiert, wenn die eigentliche Markenpersönlichkeit im besten Sinne zu einer so weit im Virtuellen angesiedelten Persönlichkeit wird, dass sie als Person gar nicht mehr erkannt werden kann. Dass so etwas „Hand und Fuss“ habe kann - da es das Einzige ist, was man von dieser Persönlichkeit mit Namen „Franz“ überhaupt jemals zu sehen bekommt - macht Prof. Liebl anhand seiner Beispielsammlung anschaulich deutlich. Und er zeigt auch jene H.C. Artmann zugeschriebene Passage, in der in der Werbung eine Stimme fordert: „Aufhören: macht endlich Werbung für Schuhe“ und lässt deutlich werden, dass Alex Wipperfürth’s Idee vom „Brand Hijack" als "marketing without marketing" eigentlich schon „ein alter Hut“ war...

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Über das zweite Beispiel : EVEL KNIEVEL und seinen tautologischer Kontrapunkt EVIL KNIEVEL soll hier nicht ausführlich berichtet werden, auch wenn diese beiden: das Original und sein Personifizierer (Liebl spricht vom Impersonator) sicherlich einen grossen Raum der Darstellung samt anschliessender Performance eingeräumt haben.

Wichtiger war die Aussage, dass sich das Wahrnehmungs- und das Erwartungs-management um eine weiter wichtige Komponente werde erweitern müssen, wenn man als Marketier erfolgreiche sein will: das Erinnerungs-management. Und er zitiert Laurie Anderson mit dem schönen Satz: „Don’t forget the memory filter, that’s probaly the most important one.“

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Da bekanntlich die Geschichten dann enden sollen, wenn es am Schönsten ist, bricht auch Liebl - durchaus konsequent - an diesem Punkt ab und erläutert das Prinzip der Nutzung der Tautologie als Ersatz für die nicht mehr bestehenden gemeinsamen Bezugsgrössen mit dem Mittel einer Performance. Der Titel ist Programm: „Meet Mr. Evil Knievel“.

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Was dann auch geschieht: nicht mehr und nicht minder.


Der erste Beitrag zu diesem Thema stammt von Jörg Wagner und wurde heute, am Freitag, den 3. November 2006, unter dem Titel: Kundenfang per Mattscheibe als "Hintergrund Politik"-Beitrag ausgestrahlt.
Am Sonnabend, den 4. November 2006 werden zwei weitere Radio-Sendungen mit Originalzitaten zu Thema "50 Jahre TV-Werbung" aufgemacht:
 Markt und Medien im Deutschlandfunk ab 17:05 Uhr
in dem der Originalton dieser erste Persil-Werbung eingespielt wurde
 Medienmagazin mit Jörg Wagner bei radioeins ab 18:05 Uhr
in dem der Originalton der HB-Werbung vorgeführt, selbst das Fluchen des HB-Männchens ausanalysiert und mitgeteilt wurde, dass zunächst vor allem der SDR, NDR und WDR gegen die Werbung im Radio aufgetreten waren.
 Im Medienmagazin beim INFOradio am Sonntag, den 5. November ab 15:25, wird auf das Einspielen der HB-Männchen-Sprache verzichtet und stattdessen ein Bericht über die Werbung in der DDR auf der Basis eines Interviews mit Simone Tippach-Schneider ("Das große Lexikon der DDR-Werbung") eingespielt.


Nachtrag vom Januar 2013:

In Folge des Roller-Unfalls [4] vom 28. November 2012 wurde als verspätetes Weihnachtsgeschenk diese Blister-Packung überreicht: Danke!

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Anmerkungen

[1Während die Karlstadt sich als "typische" Ehe- und Hausfrau ins Bild zu setzen verstand, spricht Brem im Bayerischen Rundfunkt an diesem 3. November erstmals den danach bekannt gewordenen Satz: "Persil und nichts anderes".

Hier nochmals der Dialog der Beiden:

"Xaver! Da schau her, was Du wieder gemacht hast. Also, also Du bist doch a richtiger Dreck..."

"Sprich’s nicht aus. Wir sind doch nicht daheim."

"Aber Du benimmst Dich so, als wenn’s daheim wärst. Ich, wenn Wirt wär, mein Lieber"

"Aber was wär dann, wenn Du Wirt wärst?"

"Nausschmeißen tät ich Dich."

"Mahlzeit die Herrschaften! Oh! Ein kleines Malheur. Gisela, Serviette!"

"Entschuldigen Sie bittschön.

"Aber ich bitte Sie! Das kann doch vorkommen. Dafür gibt es doch Gott se idank Persil. Nicht wahr gnädige Frau? Ich wünsche weiterhin gut zu speisen."

"Siehst Liesl, das ist eben der Unterschied zwischen Dir und dem feinen Mann.

"Was?"

"Naja, Du machst aller Weil gleich ein Trara und ein Theater, wenn bloß so ein kleines Fleckl auf die Tischdecken kommt. Der gebildete Mensch sagt nur Persil. Persil und nichts anderes."

Das Ganze kann auch mittels des hier eingefügten Links als Streaming-Angebot im Internet abgerufen werden.

[2Nachzulesen in: "kress köpfe"

[3Und wurde, klug genug, mit weisser Schrift auf mattscharzem Grund angekündigt, so dass es vor Veranstaltungsbeginn Zeit genug gab, über die Bedeutung (der Worte) dieser Überschrift nachdenken zu können...

[4Nachzulesen unter: "REX RS 450 of the road".


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