Allein dieses Programm-Angebot vom Samstag, den 7.10.2006, würde es fast nahelegen, doch noch einen Tag länger auf der Buchmesse zu bleiben.
11.30 -12.30 Uhr
Ich bin der Sender: Wie Podcasts die Mediennutzung verändern
Veranstalter: Frankfurter Buchmesse
Veranstaltungsort: Forum Innovation, 4.2 M 437
13.30 - 14.30 Uhr
Web 2.0 - und das Netz gehört Dir?!
Veranstalter: Frankfurter Buchmesse
Veranstaltungsort: Forum Innovation, 4.2 M 437
14.30 - ca. 16.00 Uhr
Da war was los... - Die Buchmesse-Blogger berichten
Veranstalter: Frankfurter Buchmesse
Veranstaltungsort: Forum Innovation, 4.2 M 437
Aber:
– 1. kann man sich auch den ganzen Blogger-Szene-Talk à la "Außerdem findet sie es sehr cool, daß wir Blogger sind. Ich finde es auch sehr cool, daß wir Blogger sind..." nochmals über DIESE SEITE reinziehen [1],
– 2. ist "DaybyDay" eben mehr als "nur" ein Blog und
– 3. gibt es ab 19 Uhr in Berlin eine "Alternative" - aus einer anderen Welt und einer anderen Zeit, die dennoch von so grosser Attraktivität ist, dass die Rückreise nach Berlin zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein sollte: Das japanische Bunraku-Theater (Osaka) mit dem Ensemble Gidayû-bushi wo sekai ni hiromeru kai unter der Leitung von Toyozawa Tomisuke gastiert(e) an diesem Abend in Berlin.
Im kleinen Sendesaal im Haus des Rundfunks,
In der Masurenallee 8-14, in Berlin-Charlottenburg
Anbei:
– ein kurzer Musikauszug als Real-Media-Player-File
– ein PDF-File mit weiteren Erläuterungen
– die Einladung für diesen Abend:
Bunraku for Beginners
Beim Eintreffen im kleinen Sendesaal in der Masurenallee fiel auf, wie sehr sich gerade dieser "altertümliche" Bau mit eben diesem Saal für eine solche Aufführung eignete: Weil es, wie Herr Reese in seinem Einführungsvortrag dem zumeist europäischen Publikum zu verstehen gab, um eine konzertante Theater-Aufführung handeln würde. [2]
Und doch erfüllte der Verlauf des Abends die hochgespannten Erwartungen. Mit insgesamt drei Auszügen aus einem epischen Schlachtengemälde des 18. Jahrhunderts wurden von den jeweils zwei Protagonisten alle Register dieser wahrlich meisterlichen Kunst gezogen.
Es war, als wenn ein Shakespeare und ein Schiller gemeinsam auf einen Asientrip aufgebrochen wären, so heftig die Anmutungen dieses Dramas zu jenen Ereignissen, die uns heute noch durch einen König Lear oder Richard III, einen Wallenstein oder Die Räuber nahe gebracht werden können.
Unglaublich, wie die Männer und Heerführer in diesem japanischen Drama, die Frauen des weibischen Verhaltens bezichtigten um dann schliesslich selber allesamt in Tränen auszubrechen, die dann wie "Wasserfälle" oder ein "Tauregen" aus den Augen der zitierten Protagonisten strömten. Ja, wie sie sich in einem Moment der Schwäche ihres Tuns als einem "kindlichen" bezichtigen!
Dass bei dieser Aufführung die Figuren nicht zu sehen sind, sondern vielmehr die Texte in einer wahrlich guten und kommentierenden Übertragung das prägende sich bewegende visuelle Element ausmachten, war eine unerwartete und interessante Erfahrung: Die Untertitel wurden zum Mittelpunkt des Sichterlebnisses, die Künstler am Bühnenboden dagegen mussten sich durch ihre hohe Artistik immer und immer wieder in den Mittelpunkt der Aufmwerksamkeit er-spielen - was ihnen wahrhaft gut gelang.
Vieles mag an diesem Abend für westliche Sinne, Augen und Ohren fremd und kaum verständlich geblieben sein. Als aber nach dem Verlassen des Hauses des Rundfunks der Mond ganz rund und hell und klar in einem unbewölkten Himmel stand, bekommt plötzlich das Erlebte nochmals einen ganz eigenen Nachhall.
PS.: Wer, wie der Autor dieser Zeilen, zum Ausklang des Abends im Foyer des Hauses anstatt eines Programms zwei Sushi-Schalen vom Japan-Restaurant UDAGAWA eingekauft hat um sich an ihrem Inhalt noch vor dem Beginn des Verfassens dieser Zeilen zu ergötzen, erlebt dann doch noch eine Enttäuschung: Entgegen der bejahenden Antwort auf die ausdrücklich beim Einkauf gestellte Frage, ob denn auch wirklich alle klassischen Zutaten jedem der Schälchen beigefügt worden seien, kam ein ausdrückliches und mehrfaches "Ja" zurück. Dann aber, beim Auspacken vor Ort, fehlte etwas ganz Entscheidendes: Wasabi!
Auch wenn wir nur Europäer sind und vielleicht nicht geeignet sein mögen, all die Qualitäten und Finessen des heute an diesem Abend Vorgetragenen in seiner ganzen Tiefe und Aussagekraft zu verstehen - so ist und bleibt der Verzicht auf die Puppenspieler doch ebenso markant wie das Fehlen des Wasabi: Verzeihbar - aber eigentlich doch unverzichtbar.
WS.