In der heutigen Berliner Zeitung ist auf der Seite 1 gleich zweimal die Frage an die Glaubwürdigkeit des Vergangenen über ein Archiv zu beantworten [1]:
1. Dadurch, dass bei der Wehrmachtsauskunftsstelle Berlin-Wittenau angefragt, fotografiert, auf Seite 1 publiziert
und alsdann im Feuilleton von Christian Esch wie folgt auskommentiert wird:
Am Sonnabend hat Günter Grass im Gespräch mit der FAZ kundgetan, dass er Angehöriger der Waffen-SS war. Seine Auskunft hat die Öffentlichkeit überrascht - und liegt doch schon seit Jahrzehnten vor. Es hat sie bisher nur niemand beachtet. In Berlin-Wittenau, im Archiv der sogenannten Wehrmachtsauskunftsstelle, liegt allen zugänglich ein Dokument der US-Armee über den Kriegsgefangenen Grass.
Die "Vorläufige Erklärung des Kriegsgefangenen" enthält die Auskunft, dass Grass am 8. Mai 1945 bei Marienbad gefangen genommen wurde, dass er im Zivilberuf "Schüler" war, zuletzt aber Lade-Schütze bei der "SS-Panzer-Division Frundsberg, Panzerabteilung". Gezeichnet: Günter Grass, Kriegsgefangener mit der Nummer 31 G-6078785. Das Dokument wurde offenkundig nach seiner Überstellung in ein neues Kriegsgefangenenlager am 3. Januar 1946 ausgefüllt, sein Alter ist mit 18 Jahren angegeben.
Das Dokument ist öffentlich zugänglich - "es hat nur bisher niemand danach gefragt", sagt Peter Gerhardt, der stellvertretende Leiter der Wehrmachtsauskunftsstelle, oder mit offiziellem Namen: "Deutsche Dienststelle (WASt) für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der deutschen Wehrmacht". Grass ist eine öffentliche Person, deren Daten nicht nur an Familienmitglieder weitergegeben werden. "Jeder Biograf hätte die Akten einsehen können", sagt Gerhardt.
Zu ihnen gehört neben dem genannten Überstellungsschein samt Fingerabdrücken auch eine Aufstellung über den Arbeitslohn von "Günther Gras" (sic): 107, 20 Dollar werden ihm am Ende seiner Gefangenschaft - am 24. April 1946 - gutgeschrieben, in Form eines "Certificate of Credit". Dick prangt auf dem Blatt der Stempel der Entlassungs-Stelle der Dritten US-Armee. Pro Arbeitstag gab es achtzig Cent, hält eine Aufstellung für den Januar 1946 fest.
Ob noch mehr Akten zu Grass’ Kriegsdienst auftauchen, ist höchst ungewiss. Denn die SS-eigenen Personalakten, die in Bamberg lagerten, sind von der SS selbst bei Kriegsende vernichtet worden, so Gerhardt. Die Wehrmachtsauskunftsstelle verfügt im wesentlichen nur über die Akten der Wehrmacht. Grass würde in den Berliner Beständen überhaupt nicht auftauchen, hätte ihn die Sowjetarmee gefangen genommen. Nur die Westmächte haben ihre Dokumente über deutsche Kriegsgefangene der Wehrmachtsauskunftsstelle zur Verfügung gestellt und damit den dort vermerkten Personenkreis um hunderttausende Waffen-SS-Angehörige erweitert. Als letzte überstellten die Amerikaner 1964 ihre Akten. Wenige Jahre, nachdem Grass mit der Blechtrommel zur Berühmtheit wurde, muss die Auskunft seiner Mitgliedschaft in der Waffen-SS also in Berlin vorgelegen haben.
Dass niemand ausdrücklich nach einer solchen Mitgliedschaft gesucht hat, mag bei Grass’ Ruf verständlich sein. Es hat eben niemand damit gerechnet. Dass aber Grass’ Biografen - und auch Grass selbst als Autobiograf - sich für die Unterlagen nicht interessierten, ist bemerkenswert. Wie er zur Waffen-SS kam, ist mit ihnen nicht zu klären: es steht nur die lapidare Notiz "W-SS 10. 11.1944" auf dem oben abgebildeten Dokument. Das betrifft den Eintritt in die Waffen-SS - aber welches Datum genau gemeint ist, etwa der Termin der Einberufung, sei unklar, sagt Gerhardt. Jedenfalls hat die dritte US-Armee den Namen des künftigen Literaturnobelpreisträgers mit ihren Fahndungslisten abgeglichen, wie am linken Rand vermerkt ist.
2. Dadurch, dass bei der US-Raumfahrt-Agentur NASA angefragt wird, die sich immer noch auf der Suche nach den 700 Kisten mit den Original-Magnet-Bändern befindet, auf denen die Ton- und Bildaufzeichnungen von der ersten Mondlandung dokumentiert wurden.
Dieses nicht nur aus Gründen des Wahrheitsbeleges, sondern auch - und es ist gut, dass in dem nachfolgend zitierten Artikel von Alexander Mäder darauf zumindest kurz hingewiesen wird - damit das High-Def-Zeitalter auch in der Mediendokumentation einzieht: das Originalmaterial hatte nämlich eine weit höhere Qualität als das, was man dann für die TV-Übermittlung zu einem NTSC-Signal hat "downgraden" müssen.
Ein historischer Moment geht verloren
Die Nasa findet die Originalfilme der ersten Mondlandung nicht mehr
Es gibt Menschen, die einen beträchtlichen Teil des Tages damit verbringen, an der Mondlandung zu zweifeln. Der große Sprung für die Menschheit sei in einem versteckten Wüstenwinkel oder einem Filmstudio nachgestellt worden, glauben sie. So habe die US-Regierung im Wettlauf um die Vorherrschaft im All den Russen eins ausgewischt.
Woher sie das wissen wollen? Die US-Flagge auf den Fotos ist gewellt, obwohl auf dem Mond kein Lüftchen weht. Und im Hintergrund ist kein Stern zu sehen. So sollte verhindert werden, dass Astronomen aus der Konstellation den Drehort rekonstruieren, argumentieren die Verschwörungstheoretiker. Auf zahlreichen Internetseiten wird ihnen entgegnet, dass die Filme nicht zugleich die hellen Raumanzüge der Astronauten und die schwachen Sterne abbilden konnten. Und ein Bettlaken liege auch nicht immer glatt, wenn man es im windstillen Schlafzimmer ausbreite.
Nun kommt frischer Wind in die ewige Debatte: Die Originale der Fernsehbilder von der ersten Landung sind verschwunden. Im Juli 1969 wurden sie in einer australischen Empfangsstation zusammen mit weiteren Messdaten auf Magnetbändern gespeichert. Fürs Fernsehen mussten die Bilder in ein anderes, schlechteres Format gebracht werden.
Mehr als 700 Kisten mit Magnetbändern wurden ans National Records Center überstellt, aber noch in den 70er-Jahren an die Nasa zurückgegeben. Dann verliert sich ihre Spur. Über die knapp 400 Kilogramm Mondgestein in ihrem Besitz führen die Forscher hingegen penibel Buch.
Nachdem die Nasa ein Jahr lang ihre Mitarbeiter im Ruhestand nach dem Verbleib der Kisten befragt hat, sucht sie nun per Flugblatt danach. "Damals hat man bei der Raumfahrt nur an die nächsten Missionen gedacht", sagt Markus Landgraf von der Esa in Darmstadt. "Kein Wunder, dass man die Bänder nicht richtig archiviert hat."
In zwei Jahren will die Nasa eine Mondsonde losschicken, die Bilder von den Hinterlassenschaften der zwölf Mondbesucher zur Erde funken soll. Verschwörungstheoretiker wissen schon heute: Die Nasa wird die Fotos fälschen und Beweise vernichten.
Nachtrag: am 17. September 2006 erscheint in TELEPOLIS ein Artikel von Harald Zaun mit dem Titel: Houston, wo sind die Apollo-Filme?
Weltraumveteranen suchen seit Jahren vergeblich nach den Originalfilmen der sechs Apollo-Mondlandungen.