Sind Schriftsteller denn keine Medienmacher? Wer an diesem Tag auf die Idee kam, in die Akademie der Künste zu gehen, konnte sich aus erster Quelle hören, wie es um die Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft hier in Deutschland bestellt ist, konnte sich die Positionen der Bundesjustizministerin
Brigitte Zypries dazu anhören und ebenso den Widerspruch von Christian Sprang und Helge Malchow, konnte Joachim Kerstens Antworten zur Frage hören, wo denn das Urheberrecht im Netz bleibe und Karlheinz Brauns Thesen von der Vertreibung des Autors aus dem Theater. Weiterhin, so berichtet das Programm, sprechen Wilfried F. Schoeller vom allmählichen Verenden der Radiokultur, Roberto Simanowski über das Schreiben im Netz und Gert Mattenklott hält ein Plädoyer für einen altmodischen Typus des Autors.
Welch ein Luxus, an all diesen Themen sich als Zuhörer beteiligen zu können und in den Pausengesprächen die Kontakte zu pflegen und Meinungen auszutauschen.
Aber: Der eigene Freitag war eben kein vom Büro freier Tag. An diesem Tage musste die wichtige Etappe eines Vertrages erfüllt und ein anderer im Sinne des Kunden endlich abgeschlossen werden.
So blieb es beim Besuch des Plenarsaals am Pariser Platz zur abendlichen Diskussionsveranstaltung des P.E.N.-Zentrums Deutschland [1], die das Thema des Tages nochmals unter der Überschrift "Wie frei ist unsere Mediengesellschaft?" in toto reflektieren soll:
Auf der Bühne sind unter der Leitung des Moderators Wilfried F. Schoeller versammelt: Friedrich Dieckmann, Christoph Hein, Shi Ming [hier im Bild rechts], Roberto Simanowski, Johano Strasser [hier im Bild links] und Wolfgang Thierse.
Das Interessante aber auch das Bittere dieser Veranstaltung war es, miterleben zu können, wie man da auf der Bühne unter sich diskutierte. Schlimmer noch: auf hohem Niveau sich die Zeit vertrieb, die einem vor-gegeben war.
Jeder der Anwesenden hatte es auf seine Weise verstanden, mit dem Anderen dahingehend einverstanden zu sein, dass die "Medien" die Anderen seien: die Journalisten, die es vor dem Autoreninterview versäumt haben, auch nur eines seiner Bücher zu lesen und die Nerds, die alles zu schreiben und lesen vermögen, aber damit noch lange keine Schriftsteller sein können...
Dabei hatten die Introduktionen der Podiumsteilnehmer zur Gesprächsrunde allesamt eine hohe Qualität, jedem war klar, dass die Welt heute nicht (mehr) so ist, wie sie sie noch aus der Zeit vor ihrer Digitalisierung gekannt hatten. Dennoch wurde auch deutlich, dass die eigene Praxis im Umgang mit den neuen Medien allenfalls eine erzwungene war, aber keine freiwillig angenommene.
Insofern litt der ganze Abend an einer Art Sehnsucht nach der "guten alten Zeit", von der zwar jeder schon auf seine Weise mehr oder minder Abschied genommen hatte und die doch noch in keinster Weise durch eine neue Form der medialen Vermittlung des eigenen Tuns ersetzt worden wäre.
Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gäbe, über das Buch hinaus wirken zu wollen, dann solle man sich als Autor um Möglichkeiten bemühen, aus seinen Büchern vorlesen zu können. C’est tout?
An diesem Punkt müsste eine längere Abhandlung über die Traktate, Traktionen und fehlen Attraktionen dieses Abends einsetzen - die aber hier nicht öffentlich, sondern lieber im Einzelgespräch geführt werden sollte. Zu gross wären die Verletzlichkeiten und zu gering die produktive Ausbeute.
Stattdessen hier lieber das Abbild zweier Weggefährten aus einer anderen Zeit, denen es gelungen ist, ihre eigene Erlebenswelt bis in das Hier und Jetzt mitzunehmen, diese weiterzuführen, abzuwickeln, neu zu bestimmen - und sich auch in diesen veränderten Zeiten darüber zu verständigen wie in alten Tagen.
Wenn man sieht, welch ein ebenso beeindruckender wie unwirtlicher Ort diese Akademie immer noch ist - trotz all der Bemühungen des Gastgebers - war das vielleicht auch besser so...