Sehr zu empfehlen - gerade auch bei so verregneten Tagen wie diesen: Der „Landgang 2005“. [1] Die Jahresausstellung des Fachbereichs Design der Fachhochschule Potsdam vom 5.-7. Juli 2005.
Veranstaltungen wie diese sollten mit einer Art von "Besuchspflicht" verbunden werden für all jene, die über die Vergabe der Mittel für solche Bildungseinrichtungen entscheiden. Es ist beeindruckend und erfrischend zu sehen, mit welcher Ernsthaftigkeit und doch zugleich grenzüberschreitenden Schaffensfreude da ans Werk gegangen wird.
Dieser Beitrag beschränkt sich auf die Empfehlung einer einzigen Arbeit: Die Masterarbeit „Gestaltungsstrategien für konvergente Medien“ von Sebastian Purfürst und Christian Mahler. Sie setzen sich, laut Ankündigung [2] "mit den grundlegenden Prinzipien der neuen Medien auseinander" und untersuchen "deren Auswirkung auf traditionelle Gestaltungsstrategien." [3]
"Es ist hier nicht der Ort..." all das auszukommentieren, was hier einigen ausgesuchten Besuchern schon in einer Art "Generalprobe" von den beiden Master-Studenten vorgestellt wurde. Ihnen erging es nicht anders als den Urherbern selber: sie waren fast erschlagen von der Vielzahl der Bilder, Töne und Texte, die dort in einem der Studienräume an die weisse Wand prozeziert - bzw. aus zwei riesigen Lautsprechern wiedergegeben - wurden.
Wir sind natürlich überwältigt von der Fülle des jetzt vorliegenden Materials, sagen sie selber. Was vor fünf Jahren noch nicht möglich gewesen wäre steht jetzt Dank der Bibliotheken, Videotheken und dem Internet fast uneingeschränkt zur Verfügung: all jene audiovisuellen Belegmaterialien, die aus der ursprünglich auf "200 Seiten Text" angelegten Studie ein auf einem digitalen AV-Medium gebundenes elektronisches Konvolut gemacht haben. [4]
Die Rezeption dieser in einer Art "Mind Map" fixierten und in Voice-Over-Kommentaren komprimierten Arbeit ist ebenso zwiespältig wie anregend. Sie ist zwiespältig, da hier immer neue empathieanregende Streifen gezeigt werden, die im Widerspruch stehen zur analytischen Rezeptionshaltung der Autoren. Und sie ist anregend, da eben dieser Widerspruch zugleich in den Mittelpunkt all jener Fragen zu führen vermag, die im Zusammenhang dieser Arbeit gestellt werden.
Gibt es wirklich so etwas wie "digitale Stille"? In dem dazugeschnittenen Ab-Bild finden wir einen Menschen vor, der sich beide Ohren zuhält, was uns sagen will, dass so etwas wie eine absolute Stille nicht mehr erträglich sei.
Hier wird die dritte Ebene dieser Arbeit deutlich: die Darstellungsweise ist eben nicht nur eine analytische, sie ist auch essayistisch - und sie ist letztendlich auch sehr persönlich.
Die wissenschaftliche Qualität dieser Master-Abschlussarbeit einerseits und die handwerkliche andererseits werden sich denn auch danach bestimmen lassen, ob, wie und in wie weit es dem Rezipienten möglich gemacht wird, diese drei Ebenen wahrnehmen und bestenfalls auch noch in der Eigenwahrnehmung voneinander unterscheiden zu können. Aber dieses zu bewerten wird Sache der Prüfer und Gutachter sein.
"An diesem Ort..." geht es eher darum, einmal ein Lob-Lied zu singen auf die Möglichkeiten, sich heute so aktuell und doch sogleich so tiefgründig mit den Phänomenen dieser audiovisuellen Welt auseinandersetzen zu können. Die Herausforderung ist eben jene Freiheit, von der Brecht sagt, dass sie so schwer zu machen sei. Hier haben sich Zwei im Team gewagt, sich dieser - grenzenlosen und doch zugleich ausgrenzenden - Freiheit zu bemächtigen, sich dieser Herausforderung in einem Masse anzunehmen, als ob es sich um eine Konfrontation mit der von ihnen zitierte "digitale Stille" handeln würde.
Sie haben es sich nicht leicht gemacht und es mag Manchen ein leichtes sein, eine solche Arbeit "Dank" ihrer Komplexität in Bausch und Bogen zu "verdammen" - weil sie halt verdammt gut ist.
Mit diesen Widersprüchen nicht nur fertig zu werden, sondern sie produktiv nutzen zu können, dafür bedarf es solcher Einrichtungen wie dieser Hochschule und Lehrkräften, die es verstehen, bei allen Not-Wendigkeiten auch an das Reich der Freiheit als eine Chance für eigene Positionsfindungen an die Studierenden heranzuführen. [5].
Bekanntlich fallen die Meister nicht vom Himmel. Aber manchmal kann es gelingen, dass man Masterstudenten durch Himmel und Hölle geleitet um sie in jener Zukunft ankommen zu lassen, die sich bislang nur enigmatisch aus den audivisuellen Medien modellhaft ableiten läßt.
WS.